Sehr lesenswerte Abschnitte!
Südafrika ist ein sehr buntes und vielfältiges Land und wird es hoffentlich bleiben! Weil die meisten Gebiete in Südafrika noch geschlossene Siedlungsräume von Bantuvölker sind, wo die meisten die einheimische Sprache noch beherrschen, wäre in Südafrika das Modell der Schweiz oder von Belgien naheliegend. Das bedeutet, daß im öffentlichen Leben ausschließlich die einheimsiche Sprache gebraucht wird und Zuzügler gezwungen sind, sie zu lernen. Nur dort, wo es zwingend erforderlich ist, sollte Afrikaans und Englisch wahlweise als öffentlich gebrauchte Sprache hinzugenommen werden. Zu Afrikaans und Englisch als Verkehrssprachen und den Bantusprachen kommen noch die am meisten verdrängten Khoisan-Sprachen. Khoisan-Völker sind die Ureinwohner des Westkaps. Afrikaans und Englisch haben die Khoisan-Sprachen am Westkap verdrängt. Um die Sprachpolitik auf die Verhältnisse und Geschichte abzustimmen, ist das Schweizer Modell, wo jede Gemeinde selbständig über die Sprachpolitik entscheidet. Vor allem, was die Khoisan-Sprachen und Sprachgrenzgebiete angeht, wäre es geboten, über die Sprachpolitik vor Ort zu entscheiden. Hinter den "Farbigen" verbergen sich nicht wenige Nachfahren von Ureinwohnern des Westkaps neben Mischlingen zwischen Bantus, Weißen und Asiaten. Es wäre wünschenswert, daß die Nachfahren der Khoisan-Völker sich wieder als solche zu erkennen geben nach Vorbild der Ur-Tasmanier und Indianer in der Karibik und eine Neubelebung ihrer Sprachen einfordern.
Ich kann dem Beitrag aus Südafrika nur beipflichten, daß Sprachbewahrung auch beim Umgang mit der Entlehnung von Fremden umgegangen wird. Die Lebendigkeit von Sprachen zeigt sich auch darin, ob für Neuerungen aus dem eigenen Wortgut geschöpft wird und Lehnwörter an die eigene Sprache anverwandelt werden. Da müssen wir Deutschen uns an die eigene Nase packen. Es ist beschämend, wie heute mit unserer Sprache umgegangen wird, nachdem es immer wieder gelungen ist, die Eigenheit zu verteidigen, angefangen von der Abwehr der Eroberung durch die Römer bishin zu den Verdeutschungen von Fremdwörtern im 19. Jahrhundert. Die Wörter, die mit den bis dahin ganz unbekannten Gegenständen aus dem Lateinischen in die Sprache der Germanen gelangt waren, haben einheimische Gestalt angenommen, während man Fremdwörtern die fremde Herkunft deutlich ansieht. Wenn sich im 19. Jahrhundert viele deutsche Wörter für Fremdwörter durchgesetzt haben, so ist das auch heute möglich, wenn nur genügend Bürger anfangen, die Flut an Fremdwörtern als Verhunzung des Sprachbildes zu empfinden. Es gilt, den Anfängen des Niedergangs der Sprache zu wehren! Fremdwörter, für die es einheimsiche Wörter gibt, sind einfach überflüssig! Ich habe die meisten Fremdwörter aus meinem Sprachgebrauch gestrichen.
Das heutige Englische ist ein abschreckendes Beispiel dafür, wie eine Sprache vieles ihrer Eigenheit verliert, wenn den Anfängen nicht gewehrt wird. Für mich klingt das Altenglische von Beowulf viel schöner als das heutige Englisch. Die Isländer gehen mit gutem Beispiel voran, was die Entlehnung von Fremdem angeht. Durch den Gebrauch von überwiegend einheimischem Wortguts wird die Veränderung der Sprache auch in Grenzen gehalten, so daß Nachfahren auch alte Schriftstücke noch mit mehr oder weniger Mühe lesen können. Die Einbürgerung vieler deutscher Wörter für Fremdwörter im 19. Jahrhundert beweist, daß Sprachpflege nicht nutz- und sinnlos ist. Es ist damals gelungen, das Sprachverhalten im Volk zugunsten einheimischer Neuschöpfungen zu beeinflussen.
Ich bewundere die Basken dafür, daß ihre Sprache sowohl die Besiedlung Europas durch Indogermanen als auch die römische Zeit bis heute überlebt hat. Wie viel reicher wäre Westeuropa, wenn heute Neu-Gallisch, Neu-Iberisch, Neu-Rätisch usw. statt romanischer Sprachen gesprochen würden! Deutschland wäre viel urwüchsiger, wenn bis heute an der Mosel eine keltische Sprache und östlich der Elbe bis heute Polabisch und Sorbisch weitverbreitet wären.
Bei völlig verschiedenen Sprachen kommt die Begründung für den Erhalt zum Tragen, daß sonst eine andere Weltsicht verloren geht. Bei näher verwandten Sprachen bringe ich den Vergleich mit Musik an. Jede Sprache und auch Mundart hat ihren eigenen Klang wie auch einige besondere Wörter. Auch innerhalb der europäischen Musik gibt es viele verschiedene Musikstile. Bei Musik schätzen wir auch die Vielfalt. Warum nicht auch in der Sprache? Die unterschiedliche Weltsicht ist da weniger bedeutend.
Die früheren Verfechter für das Verschwinden der einheimischen australischen und indianischen Sprachen haben wohl die Geschichte einiger europäischer Völker vergessen. Denn die Germanen haben auch ohne Zwang einiges von den Römern übernommen und es mit der eigenen Kultur verschmolzen. Auch die Sprache hat sich an neue Bedürfnisse angepaßt, ohne die Eigenheit zu verlieren. Das nördliche Europa war einst auch gegenüber den Römern und Griechen genauso rückständig wie die eingeborenen Australier und Indianer bei der europäischen Inbesitznahme von Amerika und Australien und haben sich Neuerungen von ihnen angeeignet, ohne ihre Eigenheiten zu verlieren. Zwangsmaßnahmen der europäischen Machthaber haben eher verhindert, daß sich die Ureinwohner in gesundem Maße aus eigenem Antrieb an die neuen Umstände angepaßt haben. Es scheint so, daß einige Europäer geradezu wollten, daß sie rückständig bleiben, um ihr rücksichtsloses Vorgehen zu rechtfertigen. Jene Völker sind im Laufe der Geschichte erfolgreich gewesen, die das, was für sie nützlich war, von anderen übernommen haben, mit ihrer eigenen Kultur verschmolzen haben und gleichzeitig ihre Eigenheit und Selbstbewußtsein bewahrt haben.
Alex