Woher kommen Nominativformen?

Hallo, Forum! :)
Ich suche Infos über die diachrone Quelle von Nominativ-'Morphemen'. - Nominativ/Akkusativ-Systeme entwickeln sich, soweit überhaupt etwas über ihre Herkunft bekannt ist, wohl meistens aus Ergativ- oder Aktiv/Inaktiv-Systemen, die Nominativformen also aus reanalysierten Absolutiven oder generalisierten Ergativen. Gibt es noch andere bekannte Quellen? In vielen Sprachen stehen sich Subjekte und Topics relativ nahe (auch wenn man sich darüber streiten kann, inwiefern und warum), so dass man spekulieren könnte, dass sich Nominativ-Marker aus ursprünglichen Topic-Markern entwickeln können. Gibt es da bekannte Fälle? Oder andere diachrone Quellen? Oder Literatur zu dem Thema?

An sich ein spannendes Thema, aber spontan finde ich unter den von mir überblickten indogermanischen Sprachen kein sicheres Beispiel für eine andere Herkunft der Markierung als Formantien, die schon immer Nominative markiert haben (im Idg. kommen sowieso nur Maskulina für die Betrachtung infrage). Es gibt eine Reihe an Hypothesen für das Vor-Urindogermanische, die aber angesichts der zunehmenden Unsicherheit und differierender Annahmen über die Art des Sprachsystems (Nom:Akk., (Split-)Erg., Akt:Inakt.) nicht über Sepkulationen hinausreichen. Vielleicht finden sich aber in der Literatur dazu diachron-typologische Parallelen.


... *s ist ja auch Pronominalbasis im Indogermanischen und Uralischen und ein Einfluss von Pronomina zeige sich mit größerer Sicherheit auch in anderen Kasus (Gen.Sg. *-osyo, der frappierend an Relativa erinnert)...

Wenn dich das Thema weiterhin interessiert, schau doch mal in "Case in Africa" (König 2009) rein. Das Buch enthält ein Kapitel zur Diachronie von Marked-Nominative Systemen und soweit ich es verstanden habe, gibt es da u.a. auch einen Abschnitt zu deren Entwicklung aus Topic-Konstruktionen. Allerdings muss man dabei denke ich berücksichtigen, dass Nominativ-Marker in Marked-Nominative Sprachen anders sein könnten, als Nominativ-Marker in Akkusativ-Sprachen.

Vielen Dank für die Tipps!


Leider war König nicht ganz leicht in die Hände zu kriegen, im Urlaub habe ich das Buch zufällig gefunden. Falls jemand an der Standnummer in der Unibibliothek in Oslo intressiert ist, gerne :)

Letztenendes geht es um eine Stelle, wo König lediglich auf einen Artikel von Mauro Tosco über Kasusmarkierung im äthiopischen Sprachbund verweist (Literaturangabe und URL siehe unten). Diese Kasussysteme zeichnen sich u.a. dadurch aus, dass sie nicht wirklich ideal beschrieben und kaum wirklich verstanden sind. Was Tosco als "widespread evidence" für die fragliche Entwicklung Topic-Marker > Nominativ-Marker ansieht, sagt nach meinem Verständnis nicht wirklich etwas aus. Es gibt einen sehr starken Zusammenhang zwischen dem fraglichen Suffix und Definitheit bzw. Referentialität. Sofern man diese nicht mit Topikalität gleichsetzt, bleibt nach meiner persönlichen Einschätzung kein wirklich ernstzunehmendes Argument übrig.

Tosco, Mauro (1994): On Case Marking in the Ethiopian Language Area (with special referennce to subject marking in East Cushitic). In: Brugnatelli, Vermondo (Hg.): Sem Cam Iafet: Atti della 7a Giornata di Studi Camito-Semitici e Indeuropei (Milano, 1o giugno 1993) (Studi Camito-Semitici 1). Milano: Centro Studi Camito-Semitici, 225-244.

http://www.maurotosco.net/ewExternalFile...h_area.pdf

(05.12.2017, 11:28:16)thf schrieb: Wenn dich das Thema weiterhin interessiert, schau doch mal in "Case in Africa" (König 2009) rein. Das Buch enthält ein Kapitel zur Diachronie von Marked-Nominative Systemen und soweit ich es verstanden habe, gibt es da u.a. auch einen Abschnitt zu deren Entwicklung aus Topic-Konstruktionen. Allerdings muss man dabei denke ich berücksichtigen, dass Nominativ-Marker in Marked-Nominative Sprachen anders sein könnten, als Nominativ-Marker in Akkusativ-Sprachen.

Dazu hat unser Forenmitglied @Corinna eine Dissertation verfasst, die Open Access verfügbar ist:
Corinna Handschuh A typology of marked-S languages : http://langsci-press.org/catalog/book/18