Austauschbare Synonyme unabhängig vom Kontext

Moin,

ich würde gerne ein kleines Tool schreiben, welches einen eingegebenen Text mittels Ersetzen von Synonymen individualisiert.
Viele der Synonyme sind abhängig vom Kontext und weiteren Faktoren und können ich ohne weiteres blind ausgetauscht werden.
Auf der anderen Seite gibt es Synonyme, die man "sicher" austauschen kann.

Gibt es zufällig im Netz eine Quelle, genau solche Synonyme zu finden? Gibt es für diese Art von Synonymen einen Fachbegriff?

Merci und liebe Grüße!

Moin,
nur die allerwenigsten Synonyme dürften einer hundertprozentigen Äquivalenz nahe kommen. Es gibt eigentlich keine absoluten Synonyme (das ist der Terminus), weil Sprache dynamisch ist. Wenn zwei Wörter als absolut gleich empfunden werden, reagiert die Sprachgemeinschaft (unbewusst) darauf, indem sie entweder eines der Wörter ablegt (veralten lässt) oder aber die Bedeutungen anpasst. so dass sich - mitunter subtile - Bedeutungsnuancierungen ergeben.

Was wäre der Nutzen eines solchen Tools?

Hallo! (:

Die beste Annäherung an absolute Synonymie, die mir im Deutschen einfällt, liegt bei bekommen und kriegen vor, welche in der überwältigenden Mehrheit der Kontexte ohne Weiteres austauschbar sind – sogar in Idiomen und Partikelverben. 
Um nur ein paar Beispiele zu nennen:

• Er bekommt noch eine Erkältung. / Er kriegt noch eine Erkältung.
  
• Ich bekomme noch Geld von dir. / Ich kriege noch Geld von dir.
  
• Wir haben ihn nicht zu fassen bekommen. / Wir haben ihn nicht zu fassen gekriegt.
  
• Sie hat ein Kind bekommen. / Sie hat ein Kind gekriegt.
  
• Sie bekommen es gezeigt. / Sie kriegen es gezeigt.
  

• Ich habe das nicht mitbekommen. / Ich hab das nicht mitgekriegt.
  
• Bekommst du das hin? / Kriegst du das hin?
  
• Kann ich etwas abbekommen? / Kann ich etwas abkriegen?
  
• Bekommst du das Glas auf? / Kriegst du das Glas auf?
  
• Wir haben eine Hilfskraft hinzubekommen. / Wir haben eine Hilfskraft hinzugekriegt.
  

Ein Kontext, in dem bekommen nicht durch kriegen ersetzbar ist: „Das Essen ist mir nicht bekommen“. Sonst scheint der größte Unterschied im Register zu bestehen (kriegen ist umgangssprachlich, bekommen eher standardsprachlich). 
Mir fällt kein Synonympaar ein, dessen Bestandteile so konsequent austauschbar sind – einmal von Fachbegriffen abgesehen: 

• Linguistik / Sprachwissenschaft
  
• Germanistik / deutsche Philologie
  
• Nominativ / Wer-Fall
  

Ich glaube nicht, dass ein derartiges Tool ohne ausgereifte KI mit Zugriff auf ein Corpus realistisch ist.

Liebe Grüße
Yaouoay

(27.03.2023, 21:19:16)Yaouoay schrieb: Die beste Annäherung an absolute Synonymie, die mir im Deutschen einfällt, liegt bei bekommen und kriegen vor, welche in der überwältigenden Mehrheit der Kontexte ohne Weiteres austauschbar sind – sogar in Idiomen und Partikelverben. 

Das ist ein Fall für das berüchtigte "fast". Denn, wie du selbst schreibst:

(27.03.2023, 21:19:16)Yaouoay schrieb: Sonst scheint der größte Unterschied im Register zu bestehen (kriegen ist umgangssprachlich, bekommen eher standardsprachlich). 

Damals, als ich zur Schule gegangen bin in den 1980ern, wurde uns eingetrichtert, dass kriegen zu umgangssprachlich für einen Aufsatz sei. Auch bei der Lokalzeitung, knapp 10 Jahre später, war das Wort außerhalb der Rubrik "Lokalsport" tabu. Ergo: nicht überall austauschbar, da registergebunden.

(27.03.2023, 21:19:16)Yaouoay schrieb: Ein Kontext, in dem bekommen nicht durch kriegen ersetzbar ist: „Das Essen ist mir nicht bekommen“.

Das sind, lexikologisch gesehen, zwei verschiedene Lemmapunkte: etwas bekommen vs. jemandem bekommen.

(27.03.2023, 21:19:16)Yaouoay schrieb: Mir fällt kein Synonympaar ein, dessen Bestandteile so konsequent austauschbar sind – einmal von Fachbegriffen abgesehen: 

• Linguistik / Sprachwissenschaft
  
• Germanistik / deutsche Philologie
  
• Nominativ / Wer-Fall
  

Synonyme in Fachsprachen gibt es, aber da Fachsprachen und Nomenklaturen normalerweise auf Eindeutigkeit ausgelegt sind, gibt es auch da Regeln, was bevorzugte, empfohlene, normierte usw. Termini sind. "Wer-Fall" beispielsweise gehört nahezu ausschließlich in die Grundschuldidaktik. Der (ursprüngliche) Erkenntnisanspruch und Gegenstand von "Germanistik" (germanische Sprachen) und "deutscher Philologie" (deutsche Sprache, Literatur, u. ggf. Kultur) ist auch nicht absolut deckungsgleich. (Das wird vielleicht bei "Romanistik" vs. "Französische Philologie" deutlicher). Und ob sich ein Institut und Studiengang "Linguistik" oder "Sprachwissenschaft" nennt, impliziert oftmals, in welcher Tradition man sich dort sieht.

(27.03.2023, 21:19:16)Yaouoay schrieb: Ein Kontext, in dem bekommen nicht durch kriegen ersetzbar ist: „Das Essen ist mir nicht bekommen“.

Das sind, lexikologisch gesehen, zwei verschiedene Lemmapunkte:  etwas bekommen vs. jemandem bekommen.





Und dann noch: Ich krieg zu viel.

Ich wollte demonstrieren, dass selbst Wörter wie bekommen und kriegen, die eigentlich in fast allen Kontexten austauschbar sind, uneigentlich nicht wirklich austauschbar sind.