Prädikativ, Adverbial oder Präpositionalobjekt

Ich begrüße alle Linguisten im Forum mit einem norddeutschen "Moin!" ("Moin, Moin!" gilt hier im Norden als redundant  )

Es geht um die Phrase "im Urlaub", z.B. in einem Satz wie "Ich bin im Urlaub.".

Könnte auf den ersten Blick ein lokales Adverbial sein (Wo bin ich?), aber die Präposition "im" lässt sich nicht durch eine andere Präposition sinnvoll ersetzen. ("Am Urlaub? Nein! "Vom Urlaub? Nein!" usw.) Außerdem ist "Urlaub" nicht wirklich ein Ort, sondern eher eine Zeitspanne, aber man kann nicht "Wann bin ich?" fragen.

Demnach müsste "im Urlaub" ein präpositionales Objekt sein.

Aber das gebeugte Hilfsverb "sein", also "bin", als Kopulaverb, könnte dagegen auf ein Prädikativ verweisen. 

Was hat nun Vorrang? Das Kopulaverb "bin", also "im Urlaub" = Prädikativ?
Oder die Präposition "im", also "im Urlaub" = Präpositionalobjekt?


Das gleiche Problem taucht in dem Satz "Ich bin auf der Suche." auf.

Die Präposition "auf" lässt sich nicht durch andere Präpositionen ersetzen. ("Unter der Suche? Nein!", "Über der Suche? Nein!" usw.)

Aber "bin" ist eine typische Kopula für Prädikative.

Also wieder das Dilemma 
"Nicht sinnvoll zu ersetzende Präposition (also Präpositionalobjekt) versus Kopula  (also Prädikativ)"

Wer kann mich erlösen? 

Danke im Voraus!

Hallo!  (:

Meines Wissens wäre es die übliche Herangehensweise, im Urlaub und auf der Suche in den von Dir genannten Sätzen als Prädikativa der Kopula sein zu analysieren. Prädikativa können durchaus Präpositionalphrasen sein. 

Präpositionalobjekt ist aus meiner Sicht ausgeschlossen, denn sein ist entweder ein intransitives Vollverb (Ich denke, also bin ich) oder eine Kopula mit Prädikativum. In Sätzen wie Ich fahre in den Urlaub oder Ich gehe auf die Suche sind die Präpositionalphrasen (fett) allerdings meines Erachtens als Präpositionalobjekte zu analysieren. 

Aber in Im Urlaub habe ich mich gut erholt und Auf der Suche nach ihren Schlüsseln fand sie ihre Brille sind es aus meiner Sicht tatsächlich lokale Adverbien. Dass Urlaub und Suche nicht wirklich Orte sind, lässt sich leicht damit entkräften, dass lokale Präpositionen oft metaphorisch gebraucht werden. Und da Metaphorizität oft mit einer rigideren syntagmatischen Struktur einhergeht (Stichwort „fixedness“), ist auch das Problem der Unaustauschbarkeit der Präposition leicht erklärt.

Hilft Dir das weiter?

Liebe Grüße
Yaouoay

(23.09.2023, 17:06:04)Yaouoay schrieb: Hallo!  (:

Meines Wissens wäre es die übliche Herangehensweise, im Urlaub und auf der Suche in den von Dir genannten Sätzen als Prädikativa der Kopula sein zu analysieren. Prädikativa können durchaus Präpositionalphrasen sein. 

Präpositionalobjekt ist aus meiner Sicht ausgeschlossen, denn sein ist entweder ein intransitives Vollverb (Ich denke, also bin ich) oder eine Kopula mit Prädikativum. In Sätzen wie Ich fahre in den Urlaub oder Ich gehe auf die Suche sind die Präpositionalphrasen (fett) allerdings meines Erachtens als Präpositionalobjekte zu analysieren. 

Aber in Im Urlaub habe ich mich gut erholt und Auf der Suche nach ihren Schlüsseln fand sie ihre Brille sind es aus meiner Sicht tatsächlich lokale Adverbien. Dass Urlaub und Suche nicht wirklich Orte sind, lässt sich leicht damit entkräften, dass lokale Präpositionen oft metaphorisch gebraucht werden. Und da Metaphorizität oft mit einer rigideren syntagmatischen Struktur einhergeht (Stichwort „fixedness“), ist auch das Problem der Unaustauschbarkeit der Präposition leicht erklärt.

Hilft Dir das weiter?

Ja, Danke, bin erleichtert 

Liebe Grüße
Yaouoay

---

(24.09.2023, 00:22:48)matthias.thiele schrieb:

(23.09.2023, 17:06:04)Yaouoay schrieb: Liebe Grüße
Yaouoay

Grüße aus dem Norden! 
Matthias

(24.09.2023, 00:22:48)matthias.thiele schrieb:

(23.09.2023, 17:06:04)Yaouoay schrieb: Hallo!  (:

Meines Wissens wäre es die übliche Herangehensweise, im Urlaub und auf der Suche in den von Dir genannten Sätzen als Prädikativa der Kopula sein zu analysieren. Prädikativa können durchaus Präpositionalphrasen sein. 

Präpositionalobjekt ist aus meiner Sicht ausgeschlossen, denn sein ist entweder ein intransitives Vollverb (Ich denke, also bin ich) oder eine Kopula mit Prädikativum. In Sätzen wie Ich fahre in den Urlaub oder Ich gehe auf die Suche sind die Präpositionalphrasen (fett) allerdings meines Erachtens als Präpositionalobjekte zu analysieren. 

Aber in Im Urlaub habe ich mich gut erholt und Auf der Suche nach ihren Schlüsseln fand sie ihre Brille sind es aus meiner Sicht tatsächlich lokale Adverbien. Dass Urlaub und Suche nicht wirklich Orte sind, lässt sich leicht damit entkräften, dass lokale Präpositionen oft metaphorisch gebraucht werden. Und da Metaphorizität oft mit einer rigideren syntagmatischen Struktur einhergeht (Stichwort „fixedness“), ist auch das Problem der Unaustauschbarkeit der Präposition leicht erklärt.

Hilft Dir das weiter?

Ja, Danke, bin erleichtert 

Liebe Grüße
Yaouoay

---

(24.09.2023, 00:22:48)matthias.thiele schrieb:

(23.09.2023, 17:06:04)Yaouoay schrieb: Liebe Grüße
Yaouoay

Grüße aus dem Norden! 
Matthias

Irgendwie erscheint mir die Unterscheidung Präpositionalobjekt / adverbiale Bestimmung immer noch rätselhaft.  

Entnehme ich z.B. dem Satz

"Im Deutschen lassen sich Stellungsfelder bestimmen aus ihrer Position zum rechten und linken Satzklammerteil." 

das (verschiebbare) Satzglied "aus ihrer Position zum linken und rechten Satzklammerteil" und arbeite daran die Kriterien zur Unterscheidung von Präpositionalobjekt bzw. Adverbialer Bestimmung nach dieser Quelle

https://linguistik.online/2021/09/30/pra...estimmung/ 

ab, dann stoße ich auf Widersprüche.

1. Feste Verbindung zwischen Verb und Präposition?

Etwas "bestimmen aus" würde ich nicht als feste Verbindung ansehen. Man könnte auch "bestimmen mit", "bestimmen nach" etc. sagen.

Das wäre ein Indiz für eine Adverbialbestimmung.

2. Enthält die Frage nach einem Präpositionalobjekt die Präposition?

Ich könnte fragen "Woraus / Womit/  Wonach lassen sich die Stellungsfelder bestimmen?"

Antwort (auf Woraus) "aus ihrer Position zum linken und rechten Satzklammerteil", wobei "Woraus" wohl von "Wo heraus" kommt, aber doch irgendwie die Präposition "aus" enthält. In der Quelle wird "Woraus" auch so verstanden.

Das wäre ein Indiz für ein Präpositionalobjekt.

(In anderen Quellen ist "woraus" aber eine zulässige Frage nach einer "Artergänzung".)


3. Hat die Präposition ihre ursprüngliche Bedeutung behalten/verloren?

In der Phrase "aus ihrer Position zum linken und rechten Satzklammerteil" hat "aus" nach meiner Meinung eine uneigentliche Bedeutung, also nicht im Sinn vom räumlichen, direktionalen "woher" wie "Woher lassen sich die Stellungsfelder bestimmen?".

Das wäre ein Indiz für ein Präpositionalobjekt.

Es steht jetzt also 2:1 für das Präpositionalobjekt. 

Würde man unabhängig von der Quelle normal nach einer Modalbestimmung fragen "Wie lassen sich die Stellungsfelder bestimmen?", dann würde "aus ihrer Position" wohl nicht wirklich nach einer adäquaten Antwort klingen, wen man es genau nimmt.

Aber "bestimmen aus" als feste Verbindung?  Nicht wirklich, meine ich ...

Was fange ich nun mit diesem "Spielstand" an?  

Nach der Quelle oben brauche ich ein 3:0 oder 0:3  

Danke für Hinweise! 

Ich habe aktuell keine Zeit für längere Erklärungen, das hole ich nach Ostern gerne nach. Nur soviel: Die Tests auf der verlinkten Seite sind Quatsch und führen nicht zu dem erhofften Ergebnis. Der einfachste und zugleich sehr zuverlässige Test ist die Weglassprobe. Kannst Du die Phrase ohne grammatikalische Einbußen in verschiedenen syntaktischen Kontexten wie unterschiedlichen Satztypen, Hauptsatz vs. Nebensatz etc. weglassen, dann liegt ein Adverbial vor. Ist sie nicht weglassbar, liegt ein Präpositionalobjekt vor. Es gibt zwar auch hier Ausnahmen wie wohnen, bei denen das Adverbial nicht weglassbar ist: Er wohnt am Rhein. vs. *Er wohnt. Doch kann das obligatorische Adverbial hier durch eine andere Adverbialklasse ausgetauscht werden: Er wohnt schön.
Wendest Du den Test auf Dein Beispiel an, stellst Du fest, dass "aus ihrer Position zum rechten und linken Satzklammerteil" stets weglassbar und somit ein Adverbial ist.

Viele Grüße
PeterSilie

 Moderatoren-Hinweis:  Themen zusammengeführt

Moin!

Es geht um Sätze wie 

"Wir haben die Mannschaft in einem schwierigen Zustand übernommen.", 

speziell um die Präpositionalphrase "in einem schwierigen Zustand", die ja weglassbar und somit ein Adverbial und kein Präpositionalobjekt ist.

"In" ist ja eine lokale Präposition" und wir hatten oben schon die Beispiele "im Urlaub" oder "auf der Suche".

In allen 3 Fällen (im Zustand, im Urlaub, auf der Suche) handelt es sich nicht um wirkliche Orte.

Auf die Frage "Wo haben wir die Mannschaft übernommen?" zu antworten "in einem schwierigen Zustand", hört sich irgendwie seltsam an.

Besser klingt in meinen Ohren schon "Wie hatten wir die Mannschaft übernommen?" - "in einem schwierigen Zustand".

Aber ist das konsequent? 

Dieses Problem taucht immer bei "uneigentlichen Orten" bzw. Metaphern auf, wie schon oben bei Präpositionalobjekt versus Lokalbestimmung, aber hier geht es um Lokal - versus Modalbestimmung.

Ich tippe auf Modal, aber höre mir gerne andere Meinungen an!

Bei der Gelegenheit noch eine Frage zur Weglassprobe:

In dem Satz "Sie wollen 100.000 € in eine Immobilie investieren" kann ich die Präpositionalphrase "in eine Immobilie" weglassen, also "Sie wollen 100.00 € investieren".

Demnach wäre "in eine Immobilie" ein Adverbial. Wenn ich aber frage "Worin wollen sie 100.000 € investieren?", dann würde das Fragewort auf ein Präpositionalobjekt hindeuten.

Was soll man davon halten?

Beste Grüße!

Hallo! (:

In Deiner Frage geht es um eine semantische Kategorie. Semantische Kategorien haben mehr als syntaktische die Tendenz, offen zu sein und nicht beschränkt auf eine auflistbare Menge, da sie sich nicht auf Phänomene der Sprache selbst beziehen, sondern der Welt, welche natürlich sehr viel komplexer ist. Dennoch werden in der Regel vier semantische Untergruppen der sog. Situationsadverbiale angenommen: lokale, temporale, modale und kausale. Diesen wiederum können weitere Kategorien untergeordnet werden. 

So können Modaladverbien bspw. die Art und Weise einer Handlung beschreiben (Ich lese schnell), das Werkzeug, das für die Handlung benutzt wird (Ich lese mit einer Brille) oder die Haltung des Subjekts (Ich lese gern). Dies sind schon sehr unterschiedliche Bedeutungsfelder. Aber sie passen wohl besser in die Kategorie „modal“ als in irgendeine der anderen drei. So verhält es sich auch mit Deinem Beispielsatz. Was das Adverbial dort beschreibt, ist nicht die Art und Weise der Handlung, nicht das Instrument und auch nicht die Subjekthaltung, sondern der Zustand des Objekts. Ein ähnliches Beispiel: Ich habe sie bewusstlos aufgefunden. Wenn das Adverbial hier die Art und Weise der Handlung beschreiben würde, müsste das Subjekt bewusstlos sein, daher müssen wir ein weiteres Bedeutungsfeld definieren. Dieses passt aber ebenfalls in keine der anderen semantischen Gruppen (lokal, temporal, kausal), sodass nur „modal“ übrigbleibt.

Zitat:In dem Satz "Sie wollen 100.000 € in eine Immobilie investieren" kann ich die Präpositionalphrase "in eine Immobilie" weglassen, also "Sie wollen 100.00 € investieren".

Demnach wäre "in eine Immobilie" ein Adverbial. Wenn ich aber frage "Worin wollen sie 100.000 € investieren?", dann würde das Fragewort auf ein Präpositionalobjekt hindeuten.

Ich bin nicht überzeugt von der Weglassprobe. Viele Verben haben eine fluide Valenz und Objekte können weggelassen werden. So kann in diesem Satz sogar das direkte Objekt (100.000 €) weggelassen werden, ohne dass der Satz ungrammatisch wird (Sie wollen investieren). Ich würde in eine Immobilie als Präpositionalobjekt analysieren, nicht zuletzt weil ich in eine Immobilie keiner der vier Adverbialkategorien zuordnen kann.

Liebe Grüße
Yaouoay

Danke, Yaouoay!

Da werde ich mir mal ein Organigramm aus den Untergruppen der Modaladverbien als "tool" für ähnliche Fälle basteln.
Ich habe diese Unterteilung so nirgends gefunden. Sie ist sehr hilfreich!

Die Weglassprobe ist also nicht so "safe", wie viele finden, zumindest nicht allein ohne andere Proben.

Alles klar!

Beste Grüße!