VHS-Kurs mit verschiedenen Niveaustufen

Hallo,
bald gebe ich wieder einen Kurs für Niederdeutsch an der VHS Bremen und dieses Mal haben wir zwei Kurse zusammengelegt (wegen sonst zu geringer Teilnehmerzahl). Für die einen (die meisten) ist es der Folgekurs zum ersten Einsteigerkurs und für die anderen (nur zwei) der bereits zweite Folgekurs, sie haben diesen Kurs daher quasi schon gemacht. Und ich stehe nun der Aufgabe gegenüber, diese Teilnehmer zusammen zu unterrichten und da ich natürlich keinerlei Ausbildung in Didaktik habe und das bisher eher frei Schnauze gemacht habe, wollte ich fragen, ob ihr vielleicht Ideen hättet, wie man diese Situation für beide Parteien positiv und mit Mehrwert gestalten kann.

Ich will die beiden Fortgeschrittenen natürlich nicht unentwegt heranführen, dass sie die anderen von ihrem Mehrwissen teilhaben lassen, was auf die Dauer für sie ja auch demoralisierend und nervig werden kann. Manches haben sie vielleicht auch schon wieder vergessen und es muss ja auch nicht die gleiche Struktur sein, wie sie diesen Kurs ein Semester davor gemacht haben.
Allerdings habe ich mir gedacht, dass die Fortgeschrittenen vor allem alle paar Unterrichtseinheiten eine Wörterliste zu einem bestimmten Thema mitbekommen können und dazu einen kleinen Text schreiben, den sie dann vorlesen im Kurs und die anderen müssen sich darüber unterhalten auf Niederdeutsch.

Habt ihr vielleicht auch noch Ideen oder so, wie man das lösen könnte?
Vielen Dank und viele Grüße,
Kevin

Hi Kevin,

hast Du Dich denn mal erkundigt, was Deine beiden fortgeschrittenen Lerner von ihrer hervorgehobenen Lage halten? Vielleicht wollen sie ja sogar ein wenig Lust, Initiative zu übernehmen. Dann könnte man bspw. darüber nachdenken, die beiden als Lernpaten einzubeziehen, indem sie bspw. in einer Kleingruppenarbeit der erste Ansprechpartner sind oder indem Du sie zusammen mit lernschwachen Schülern (komisch das hier so zu nennen) in zusammenarbeiten lässt, wenn es um Zweierarbeit geht. Das kann auch Dich entlasten, damit Du Dich stärker den anderen widmen kannst. Eine andere Möglichkeit wäre, dass sie vielleicht mal ein kleines Referat darüber halten, warum sie gerne Niederdeutsch lernen wollen oder wo sie es vielleicht schon angewendet haben, oder, doer, oder. Wenn sie jedoch keine Lust darauf haben, solltest Du sie vermutlich so wie allen anderen auch behandeln.

Viele Grüße
PeterSilie

Hallo,
ich unterrichte Niederdeutsch an der VHS und oft passiert es, dass Folgekurse zum Anfängerkurs oder der zweite Folgekurs ausfallen, weil sie dann ein/zwei (oder mehr) Teilnehmer/-innen zu wenig haben. Ich habe schon oft überlegt, einen gemischten Kurs anzubieten, der im Grunde alle Levels anspricht, damit Leute aufgefangen werden, die gerne weitermachen wollen. 
Aber für meine sonstigen Kurse habe ich immer einen genauen Plan mit selbstgeschriebenem Lehrwerk. Ich bin etwas überfragt, wie man einen Kurs gestalten kann, der aus Leuten besteht, die erst einen Kurs absolviert haben und Leuten, die bereits ein relativ gutes Konversationsniveau haben.

Im ersten Kurs zum Beispiel lernt man die Gegenwartsbeugung der Verben, Berufe, Floskeln (Begrüßungen, vorstellen, Herkunft, Verabredungen etc.), Essen, Hobbys und eine Handvoll unregelmäßiger Verben und hier und da schon mal Modalverben und einige Plurale und typische niederdeutsche Eigenheiten der Sprache und Kultur. Das passive Verständnis ist ja durch die Nähe zum Deutschen und das passive Verständnis von vielen oft relativ gut ausgeprägt. 
Im vierten Kurs machen wir schon Rollenspiele in bestimmten Szenarien mit spontanem Reden, die Teilnehmer und Teilnehmerinnen können schon tiefe und längere Gespräche führen, die auch die ganze Stunde über gehen könnten, mit ein paar Fehlern natürlich hier und da.

Ich suche nach einem kurzen Guide oder Beispielen, die zum Beispiel diese beiden Niveaus verbinden könnten, ohne dass jemand sich stark langweilt und andere überfordert sind. (Natürlich wird in der Realität die Grätsche nicht so groß sein und unterschiedlich ausfallen können. Nur würde ich blutige Anfänger ohne ersten Kurs hier nicht mit einschließen wollen.) Mir fehlt, glaube ich, gerade die didaktische Kreativität, um einen solchen Kurs soweit auszugestalten, dass er alle Niveaus anspricht und trotzdem Spaß macht und niemanden benachteilt.

Habt ihr da vielleicht Ideen oder Online-Inspirationen oder Beispiele oder Materialien?
Vielen Dank und viele Grüße,
Kevin

Ich habe das an der Uni mal mit Indonesisch-Kursen gehabt und das abgefangen mit einem Kurs "Lektüre und Konversation", was für die fortgeschritteneren Teilnehmer auf mehr Lektüre hinauslief und für die schwächeren auf mehr Konversation, aber alles zum selben Thema. Das war mitunter für die Fortgeschrittenen viel Wiederholung, aber das dient ja auch der Festigung bereits erlernter Strukturen. Außerdem kann man da nette Tandems bilden und die Fortgeschrittenen erklären ihren weniger fortgeschrittenen Partnern dann was. Das ist für die weniger Fortgeschrittenen mitunter fast wie eine Immersion, dann.

Ich habe von Sprachvermittlung keine Ahnung und kenne die Situation nur (allerdings recht gut) aus Studierendensicht aus meinem Skandinavistik-Studium. Da war es häufig so, dass viele der fortgeschritteneren Studierenden dann einfach immer den "höchsten" angebotenen Kurs belegt haben, um "drin" zu bleiben. Die AnfängerInnen waren dann in der Regel allerdings nicht mehr ganz am Anfang, sondern hatten mindestens 1-2 Semester Intensivkurs(e) (à 4SWS) hinter sich. Gelöst wurde die Situation ähnlich wie Jan beschreiben hat. Zusätzlich wurden die fortgeschritteneren auch etwas stärker in die Unterrichtsgestaltung einbezogen, in dem sie dann zum Beispiel mal Texte vorgelesen haben, Sachen erklärt haben oder in Gruppenzuteilungen bewusst auf verschiedene Leistungsniveaus geachtet wurde. Hier darf man natürlich nicht soweit geht, dass es sich für die Betroffenen anfühlt, als wären sie (unbezahlte) Hilfslehrkräfte.

Weiterhin gibt es, nach meinem Kenntnisstand, auch im Schulbereich Konzepte zum jahrgangsübergreifenden Unterricht. Vielleicht kann man mal schauen, was es dazu so an Material gibt, in das man sich einlesen könnte?

Oh, meine Beitragsamnesie... Ich habe das anscheinend schonmal gefragt. Das tut mir leid. (Bis in sechs Jahren wieder ;))
Danke für die Antworten, auch an @PeterSilie, sehr unfreundlich von mir, nicht zu antworten, sorry.

Eine Sache, die alles erschwert, ist ja auch die Pandemie zurzeit. Ich denke so einen Kurs könnte ich erst zum Wintersemester anbieten, aber ich denke, dass ich es wieder als Onlinekurs anbiete, das hatte auch sowieso super Resonanz als eigenes Format bisher. Außerdem haben die Zoom-Meetings und Google Hangouts keine Möglichkeiten für Breakoutrooms, was ich schade finde. Das war der Vorteil im Präsenzunterricht, das man mehrere kleinere Leseübungen machen konnte oder viele Übungen machen konnte, die echt nur in Präsenz gehen.

Dass es auf mehr Training für passives Verständnis für AnfängerInnen und etwas weniger aktives Training für Fortgeschrittene hinausläuft, ist sicher klar. Die Fortgeschrittenen können nicht die ganze Zeit Konversationen führen.

Ich habe mir gedacht, dass man vor allem die unterschiedlichen Niveaus durch Hausaufgaben oder kurze Stillaufgaben im Unterricht bedienen kann. Das Vergleichen der Aufgaben kann trotzdem zusammen erfolgen, die fertigen Sätze und Wörter schreibe ich sowieso auf, davon profitiert eh jeder.
Aber viele Hausaufgaben für Fortgeschrittene sahen immer so aus à la "Fasse das Kapitel zusammen. Beschreibe in einem Text was dein schlimmstes Urlaubserlebnis war. etc" Es sind immer Texte oder sätzeweise Übersetzungen, die zuhause verfasst werden. Oder halt Sätze, die übersetzt werden sollen, die ein bestimmtes Grammatikthema verdeutlichen. Ich weiß nicht, ob es da kreativere Aufgaben gibt, vielleicht auch welche, die beim Vergleichen auch die AnfängerInnen mit ansprechen.

Lektüre geht sowieso mit allen Teilnehmenden, würde ich sagen. Das ist auch schon mal ein guter Baustein im Kurs.
Ich habe mir dann noch gedacht, dass man ein Grammatikthema vielleicht auf eine DIN A4 Seite bringt und eins per Unterrichtseinheit behandelt. Die Leute können abstimmen, welches sie im Lehrplan wann behandeln wollen (manche gebe ich vor, die natürlich in der Reihenfolge und für die Teilnehmenden (ich weiß ja dann, welches Niveau wer hat) am meisten Sinn ergeben) und dann muss jeder der Fortgeschrittenen ein Grammatikthema aussuchen und sich drauf vorbereiten und es zum nächsten Mal den anderen erklären. Wer etwas erklären kann, hat es selbst auch verstanden.

Bei einem Zeitabschnitt zu Rollenspielen und Konversationsteilen wird es schwieriger dann beide Gruppen gleichermaßen einzubinden. Die Fortgeschrittenen sollen unbedingt die Möglichkeit erhalten, am Kurs zu wachsen, ohne dass sie unentwegt den AnfängerInnen was erklären müssen. Auf der anderen Seite würden die AnfängerInnen auch stets nur passiv zuhören, außer ein Dialog oder eine Konversation würde mal Basics beinhalten, wie man nach dem Weg fragt oder so.

Wie man also Konversationsanteile im Durchschnitt, und wie man Übungsabschnitte für beide Gruppen ähnlich stimulierend gestaltet, daran mangelt es mir noch an Ideen. Beziehungsweise was für andere all-inkludierende didaktische Möglichkeiten es noch gibt, wo sie auch viel miteinander machen können trotz der Unterschiede, da fehlt mir etwas die Inspiration.