Wollen und nicht wollen

Hallo liebe Forenmitglieder,

Ich hätte eine Frage zu der Negation von ''wollen''. Ich versuche seit einigen Tagen zu verstehen, welches Phänomen genau die Negation des Wortes ''wollen'' beschreibt. Wenn wir über das bloße ''wollen'' sprechen, bezieht sich das auf einen identifizierbaren Trieb, einen Wunsch oder ein Begehren nach etwas. 

Doch worauf genau bezieht sich das Nichtwollen. Im Grunde genommen könnte man es als das Fehlen des Wollens interpretieren. Angenommen jemand fragt mich, ob ich etwas trinken will. Dann würde ich ihm ''Nein ich will nicht'' antworten. Damit würde ich meinen, dass ich gerade keinen Wunsch oder Trieb in mir nach einem Getränk identifiziert habe.

Wenn ich allerdings eine Party schmeiße und einen Gast sehe, den ich nicht mag. Dann würde ich ja auch sagen: ''Ich will ihn nicht''. Das würde sich doch aber nicht auf das Fehlen eines Wunsches oder Triebes beziehen, sondern auf etwas anderes. Und darauf komme ich seit Tagen irgendwie nicht. 

Würde mich sehr über eure Meinungen und Gedanken freuen!
Kanye

Hallo, Kanye! (:

Ich habe keine Quellen dazu, weil ich mich fachlich noch nicht wirklich damit auseinandergesetzt habe.
Allerdings habe ich folgende Gedanken zur Negation von Modalverben bzw. zu Deiner Frage:

1. Das "nicht" negiert in manchen Fällen semantisch das Modalverb:
—> Du musst das nicht tun. (zu lesen als "Du musst nicht …" mit Prädikativ "das tun")
(Auch bei "können" und "dürfen".)

2. In anderen Fällen negiert es semantisch das Vollverb:
—> You must not do that. (zu lesen als "you must …" mit Prädikativ "not do that")

Damit meine ich, dass im ersten Fall ein semantisch negiertes Modalverb ein positives Prädikat erhält und im zweiten Fall ein positives Modalverb ein semantisch negiertes Prädikativ.

Bei "wollen" kann es sich um beide Fälle handeln, je nach Kontext:
1. Fall: Nein danke, ich will keinen Drink. (zu lesen als "Ich will nicht …" (bzw. "ich habe kein Bedürfnis") mit Prädikativ "einen Drink [zu] bekommen")
2. Fall: Ich will das nicht tun. (zu lesen als "Ich will …" mit Prädikativ "das nicht tun")

Wenn man etwas "nicht will", könnte hier beim 2. Fall gesagt werden, dass man will, dass etwas nicht eintrifft.
Dein erstes Beispiel '"Ich will [den Drink] nicht" korrespondiert mit dem ersten, Dein zweites Beispiel "Ich will ihn nicht'' mit dem zweiten Fall.

Nochmal mit Deinen Worten:
1. Fall: "Damit würde ich meinen, dass ich gerade keinen Wunsch oder Trieb in mir nach einem Getränk identifiziert habe."
2. Fall: "Das würde sich doch aber nicht auf das Fehlen eines Wunsches oder Triebes beziehen, sondern auf etwas anderes." = Bedürfnis, dass etwas nicht eintrifft

Ist verständlich, was ich meine? (:

LG
Yaouoay

Wahrscheinlich ist hier auch wieder eine Implikatur am Werk:

Dass jemand seine Suppe nicht essen will, ist meistens nur in dem Sinne relevant, dass er sie verschmäht.


Mit Bezug auf ein bestimmtes Essen x gilt meistens, dass ich x (essen) will  oder x nicht (essen) will.    Dass ich x nicht-will, unterscheidet sich davon praktisch nicht.
Es liegt wohl daran, wie Hunger/Appetit in der Welt beschaffen sind. Essen ist selten nur egal.