"sein" als Kopula und "sein" als Hilfsverb

Kennt jemand eine Untersuchung über einen Zusammenhang zwischen "sein" als Kopula und "sein" als Hilfsverb? Gerne mit semantischem Schwerpunkt und gerne mit besonderer Berücksichtigung des (Zustands-)Passiv.

Er ist dick.

Er ist dick geworden.

Er ist geteilt worden.

Das Buch ist gelesen.

Und wie ist das im Englischen? Wie akzeptabel ist hier being:

Being attacked by a bear, he rolls up in a ball.

Entschuldigung - gut, dass keiner geantwortet hat: ich habe an meinem Anliegen vorbeigefragt. Hinsichtlich der Frage, was die Sache mit Passiv zu tun hat, bin ich mir nicht sicher. Aber erst einmal viel einfacher:
Ich sehe keinen semantischen Ansatz, der überzeugend dem Unterschied zwischen
Gerd liebt den Kölner Dom
und (egal, dass das schräg ist)
Gerd liebt es, der Kölner Dom zu sein.
Rechnung trägt.

Wohl weniger schräg:
Sokrates liebt sich
einerseits  und
Sokrates liebt, Sokrates zu sein
andererseits.

Überhaupt gehen die Meinungen bezüglich
… ist Tully zum Beispiel in Cicero ist Tully stark auseinander. Und Tully zu sein sollte wohl semantisch viel mit … ist Tully zu tun haben.

Gängig ist der Fregesche Standpunkt, dass eine Kopula der Identität von der Kopula der Prädikation zu unterscheiden sei, "sein" also diese beiden verschiedenen Bedeutungen (Prädikation vs. Identität) habe.      Dass das aus der Grundschule vertraute Gleichheitszeichen zur sinnentleerten Routine geworden ist, liegt allerdings nahe. Denn der Gebrauch mit Bezug auf Zahlen dürfte sich sehr vom Gebrauch mit Bezug auf Dinge wie Sokrates unterscheiden.

Ich habe nochmals Fragen zur Akzeptabilität von Sätzen mit Bezug aufs Englische:


1) Being separated from his wife, John is happier than ever.

2) Being Sue's brother, John is happy.

3) Being John, John is happy.



4) Being attacked by a bear, John rolls up in a ball.


5)  A bear attacking John, John rolls up in a ball.




Ich gehe davon aus, dass 5)  nicht akzeptabel ist.

Außerdem frage ich mich, ob das Deutsche nicht über Ausdrücke oder nur sehr 'sperrige' Ausdrücke verfügt, die ggf. 3), auch 4), entsprechen.

(Im Englischen ist oftmals eine Paraphrase mit "as" angemessen.)

Ich wäre mir nicht so sicher, ob 5 komplett unakzeptabel ist. Hier wäre ein Anglist oder Muttersprachler gefragt.
Wenn es ein Problem mit 5) gibt, liegt das aber nicht an der Grundkonstruktion, sondern vor allem daran, dass "John" in beiden Satzteilen vorkommt, Hauptsatz und Partizipialkonstruktion. Bei der Partizipialkontruktion handelt es sich um einen nominative absolute, da ihr Subjekt (a bear) nicht identisch mit dem des Hauptsatze (John) ist. Absolute Konstruktionen dürfen normalerweise kein Element des Hauptsatzes spezifizieren, stattdessen würde man Variante 4 wählen, die definitiv korrekt ist. Wenn du 5 leicht anders formulierst, geht es, denn der Subjektswechsel an sich ist nicht das Problem:

6) A bear attacking his (John's) group, John rolls up in a ball. sollte so völlig korrekt sein, denn nun steht die Partizipialkonstruktion wirklich absolut.

Zum Nominative Absolute habe ich an öffentlich zugänglichen Quellen spontan die beiden gefunden:
https://en.wikipedia.org/wiki/Nominative_absolute
https://ifioque.com/phrases/nominative-absolute

Sätze 1) - 4) sind meiner Meinung nach bereits nach Schulgrammatik korrekt.


Für das Deutsche dürfte das ungebräuchliche Partizip des Verbs "sein" sowie das fehlende gleichzeitige Partizip Passiv das Problem sein:

3a) *John seiend ist John glücklich. ebenso wie

4a) *Von einem Bär angegriffen werdend rollt John sich zu einer Kugel zusammen.

würde ich mal beides als ungrammatisch bezeichnen. Vielleicht eher so etwas wie

3b) In seinem Wesen als John in John glücklich.
3c) Als John ist John glücklich. bzw.

4b) Angegriffen von einem Bär rollte John sich zu einer Kugel zusammen.

Vielen Dank!  Das unterziehe ich nun einer Reflexion.

Ich habe in den Beispielen to be als Vollverb und als Hilfsverb bunt gemischt.
Tatsächlich ist diese Unterscheidung nicht unhinterfragt geblieben:
https://pages.uoregon.edu/tpayne/UEG/UEG...1-2bes.pdf

Und ein alter Hut ist der Widerspruch gegenüber Freges Unterscheidung zwischen "sein" als Kopula und als Identitätsausdruck (Sommers, Lockwood, Mendelsohn).
...

Was mich umtreibt, hat vielleicht mehr mit dem Infinitiv mit "zu" als mit der Kopula zu tun.

Entschuldigung, neue Frage:

1) "Von einem Bären angegriffen zu werden, versetzt Werner in Panik."

2) "Von einem Bären angegriffen zu werden, versetzt mich in Panik."

Markiertheit bzgl. Person?
Ist 1) merkwürdig? Oder ist 2) merkwürdig? Oder beides völlig OK?

Ich empfinde beide Beispiele als völlig okay und nicht in Hinblick auf die Person markiert. Welches hättest du als markiert gesehen?

Stimmt. Beide sind OK.
Was mich verwirrt, ist, dass der Infinitiv mit "zu" manchmal genügt, um eine Innenperspektive auszudrücken, wofür die 3. Ps. ausgeschlossen ist.
Daher das berühmte "Wie ist es, eine Fledermaus zu sein?". Die Innenperspektive kommt hier nicht nur vom "wie". Man denke etwa an "Ein Hund zu sein, ist schwer". Man könnte nun meinen, der Kontext "schwer" sorge für den Erlebensbezug. Dagegen spricht:

"Eine Fledermus zu sein, charakterisiert Gerd"
ist wenigstens stilistisch abwegig, wenn auch möglich,
i.U.z. "Gerd ist eine Fledermaus".
Vermutung: Der Inf. mit "zu" eignet sich besonders gut für den Erlebensbezug/die Innenperspektive.

Erlebensbezug ist mit Inf. mit "zu" ausdrückbar auch für Dinge, die wahrscheinlich kein Erleben haben. Da ist es nur sachlich komisch:
"Der Eiffelturm zu sein, ist toll."


-> Zusammenhang: Kaplanian character - Person (grammatisch) - Perspektive

Ich frage mich auch, ob die semantische Fixierung auf wahrheitswertfähige Ausdrücke hinderlich ist, wenn es darum geht, den Ausdruck von Perspektive zu untersuchen. Als Überschriften kann man sich gut "Der Eiffelturm zu sein" vorstellen.  Ähnlich und einfacher: "Hundsein". Und das bedeutet etwas anders als "Hunde".


Finde gerade das - mal sehen: https://www.researchgate.net/profile/Joh...urteil.pdf

Und wieso nur in Überschriften?

Eines Tages ließ mein Hund sein Hundsein sein und entschlief.

Nicht schön, aber geht.

(07.04.2020, 13:18:31)janwo schrieb: Und wieso nur in Überschriften?

Eines Tages ließ mein Hund sein Hundsein sein und entschlief.

Nicht schön, aber geht.

Ja, schon richtig. Ich höre nur schon, wie abweichend von einer Norm es sei.
Daher betone ich jetzt mal: Es wäre eigenartig, "Hundsein" und "...ist ein Hund"  gleichermaßen mit "Lambda x [Hund (x)]" zu repräsentieren. Da ginge eine Perspektive - mal eine von außen, mal eine von innen - verloren, die die Bedeutungen jeweils charakterisiert. Ich ahne schon, dass sich auch bei Dölling davon nichts wiederfindet, glaube aber, dass man dem situationssemantisch Rechnung tragen kann.

(Falls jemand eine diesbezügliche Arbeit mitschreiben, betreuen o.ä. möchte (oder es sich vielleicht vorstellen kann), freue ich mich über Rückmeldung      )

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