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Erledigt: 01.07.2018, 18:21:10 Arrival (kann Spuren von Spoilern enthalten)
#1
Erledigt: 01.07.2018, 18:21:10
 
Hallo :)

Es kommt ja nicht so oft vor, dass Linguisten eine tragende Rolle in Filmen spielen. Letzten Monat ist Arrival in's Kino gekommen, mit einer Linguistin als Hauptfigur. Auch wenn einschlägige Blogs usw. schon lange im Vorfeld darüber berichtet hatten, ist der Film an mir vollkommen vorbeigegangen, bis mich da vor ein paar Tagen jemand drauf aufmerksam gemacht hat. Im Netz finden sich da schon einige "Einordnungen von Linguisten" zu, aber ich dachte, vielleicht hat den ja hier auch jemand gesehen und Lust, seine Meinung zu diskutieren. :) Da eine Filmdiskussion nicht ohne Spoiler funktioniert, wäre mein Vorschlag an alle, die den Film noch sehen wollen, hier jetzt mit dem Lesen abzubrechen.

[Bild: https://www.linguisten.de/generator/ablage/1/18.png]

Wie hat euch die Idee der "linguistischen Zeitreise" gefallen? War das eher neu für euch, oder habt ihr diese Extremauslegung der Sapir-Whorf-Hypothese schon mal woanders gesehen? War die Darstellung der Linguistik-Professorin überzeugend? Würdet ihr bei der Erforschung einer Aliensprache, die (endlich mal) so komplett anders als alles irdische ist, auch so vorgehen wie sie, oder eher anders?
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#2
 
Hallo,
super Thema. Ich habe ein halbes Jahr ganz gespannt gewartet, bis er endlich in die Kinos kam und bin sofort hingefahren, mit meinem Freund im Schlepptau. Ich stehe ohnehin total auf Science-Fiction-Filme und habe da wenig Ansprüche, es soll nur geil aussehen und damit gebe ich mich zufrieden meist. Aber Arrival gehört zu den Filmen, die auch inhaltlich und von der Geschichte her komplett fesselnd und anspruchsvoll sind. Da ich als Zweithobby auch auf Physik stehe und Science-Fiction-Filme gerne nach physikalischen Gesichtspunkten bewerte (Deshalb ist Interstellar mein absoluter Lieblingsfilm), ist hier einmal ein sehr gutes Video von Science vs. Cinema, das verschiedene physikalische Punkte im Film berwertet und es zeigt auch, was eigentlich alles hinter dem Film steckte, nämlich Linguisten und Physiker, die viele Punkte einbrachten und Theorien, die im Film nicht einmal erwähnt wurden, was ganz erfrischend war, weil der Film auch mit wenig Erklärungen auskommt. Da sieht man auch die Linguistin, die maßgeblich beim Film beraten hat.

Science vs. Cinema: ARRIVAL

Am interessantesten am Film war meiner Meinung nach, wie die Sapir-Whorf-Hypothese wieder aufgegriffen wird. Wie die Linguistin es erklärt, fand ich nicht sehr gelungen (aber es geht ja eher an ein Publikum von Nicht-Linguisten), die Hypothese ist ja in seiner engeren Auslegung mittlerweile überwiegend verworfen, was bei der Erklärung im Film zu wenig zur Geltung kommt. Aber anstatt die linguistische Relativität als etwas auszulegen, das zwischen den Menschensprachen Bedeutung hat, was höchstens einen vernachlässigbaren Faktor hat, wird hier gezeigt, wie gleich eigentlich die menschlichen Sprachen zueinander sind und unser Denken in einem solchen Maße gleichartig prägen, dass die engere Sapir-Whorf-Hypothese erst bei zwischenspezie.... (was ist das Adjektiv zu Spezies???) Sprachen zum Tragen kommt.
Gemäß einem Gedankenexperiment, dessen Namen ich vergessen habe, ist es unmöglich, zu beweisen, dass die Welt um einen herum existiert, weil alles immer im eigenen Gehirn verarbeitet wird, ob es das Ablesen von Messinstrumenten, das Theoretisieren über physikalische Vorgänge etc. ist. Immer steht unser eigenes Bewusstsein dazwischen und könnte einem genauso gut vorgaukeln, dass man in einer Realität lebt, obwohl es eine Simulation sein könnte oder so. Darauf aufbauend können wir nicht ausschließen, dass unsere Sicht der Welt, also die Erforschung der physikalischen Gesetzmäßigkeiten, eigentlich maßgeblich durch unser Denken und unsere Sprache beeinflusst ist und wir Zeit linear betrachten, weil das auch unserem Denken entspricht und wir nur Formeln und physikalische Betrachtungen anstellen können, die mit einer linearen Zeit funktionieren. Es würde sich sogar nichts im Universum wirklich ändern, wenn Zeit rückwärts liefe.
Obwohl ich ja immer eher ein Fan davon bin zu sagen, dass Sprache genau so ist, wie sie ist, weil wir so denken, und nicht andersrum. Wir sprechen so, weil wir so denken, und denken nicht, weil wir so sprechen. Das würde eine externe Sprachgenese vermuten lassen, die im Nachhinein an den Menschen kam und dann seine Denke beeinflusst.

Wo der Film allerdings hinkt, ist das Sprachenlernen und der letzliche Spracherwerb. Die Theorie hinter der linguistischen Relativität fand ich sehr abwechslungsreich, kreativ und interessant. Allerdings wird der Spracherwerb im Film manchmal leicht esoterisch dargestellt, als würde eine unsichtbare Macht ihr die Sprache überbringen. Manchmal gibt es Szenen, wo man sieht, dass sie die Schrift auch ohne Computerunterstützung entziffern kann, aber man sieht nicht viel vom wirklichen Spracherwerb und wie dieser vonstatten geht. Darüberhinaus bezweifle ich, angenommen diese enge Zwischenspezies-Sapir-Whorf-Hypothese könnte solche Anmaße annehmen, dass ein Mensch eine Sprache erwerben könnte, die unserer Denke so zuwider ist und dann die Linearität von Zeit überwinden und gleichzeitige Handlungsstränge zu verschiedenen Zeitpunkten ermöglichen.

Darüberhinaus ist ein weiterer, wahrscheinlicher Fehler im Film, dass wenn die extraterristischen Wesen wirklich zu mehreren Zeitpunkten gleichzeitig leben, auch imstande gewesen wären, manche Vorkommnisse im Film zu vermeiden, wie den Bombenanschlag im Raumschiff, die holpernde Spracherwerbsphase (wenn sie zu einem späteren Zeitpunkt Englisch (Schrift- oder Lautsprache) können, müssten sie es auch von Anfang an) etc. Natürlich wäre damit der Film auch hinfällig, aber ich wollte nur einmal darauf hinweisen. :)

Aber ansonsten war es 2016 mein Lieblingsfilm und ich freue mich schon auf die vielen Male, wo ich mir den Film immer wieder anschauen werde. :) Bestimmt wurde damit eine weitere Generation von Linguisten generiert. ;) Auch Linguisten können cool sein und die Welt retten. Jau!
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