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Erledigt: 28.12.2012, 23:40:16 Etymologie "naapuri" (finnisch)
#1
Erledigt: 28.12.2012, 23:40:16
 
Einen wunderschönen juten buongiorno wünsch ik,
meine Frage ist, ob jemand den etymologischen Hintergrund zum finnischen Wort naapuuri kennt. "Naapuri" bedeutet Nachbar und es scheint ja sehr logisch, dass es aus den germanischen Sprachen kommt. (naapuri (engl. wiktionary))
Mich würde interessieren aus welcher Sprache genau das Wort kommt, wann und wie es übergelaufen ist; wenn man das überhaupt sagen kann.
Terveisin,
Kevin
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#2
 
Moi ;)

Also Sprachkontakte zwischen dem Finnischen und den (indo)germanischen Sprachen fanden
schon seit Ewigkeiten statt, hinsichtlich des Germanischen werden ja ganz gerne
Lehnwörter im Finnischen wie "kuningas" angeführt, die schon ziemlich Urgermanisch aussehen.

Was den konkreten Fall angeht, kann ich nur mal ein paar Argumente auflisten,
die mir so einfallen (möchte aber drauf hinweisen, dass das Vermutungen sind)

* Das /p/ (statt /b/) lässt sich leicht dadurch erklären, dass es diesen Laut im Finnischen prinzipiell nicht gibt und die Finnen ihn durch den ähnlichsten ersetzt haben. Bart heißt zum
Beispiel 'parta', Bank 'pankki'. Generell ist das Finnische nicht zimperlich, Lehnworte seiner phonologischen Struktur anzupassen. Glas heißt zum Beispiel 'lasi', weil solche Konsonantencluster im Onset offensichtlich nicht möglich sind (näheres kann man zum Beispiel hier nachschlagen: http://herkules.oulu.fi/isbn978951428984...289842.pdf )

* Was die i Endung angeht, fallen mir zwei Dinge ein: Zum einen bestünde die Möglichkeit, dass das i schon im Lehnwort enthalten war. Zum zweiten ist es - wenn ich mich gerade nicht vertue - so, dass '-i' oftmals an dem Lehnwortstamm tritt und damit ein Kennzeichen für Entlehnungen ist; vmtl. um die Deklination zu erleichtern. Beispiele wären die schon erwähnten 'lasi' und 'pankki', außerdem neuere Wörter wie 'rokki' (Rockmusik) oder 'banaani' (Wo dann auch ein /b/ vorkommt).

* Gegen eine sehr frühe Entlehnung spräche meiner Meinung nach, dass ein /x/ ähnlicher Laut fehlt,
den die nordgermanischen Sprachen soweit ich weiß erst zum Altnordischen hin rausgeworfen haben.
Aber das kann auch das Finnische selbst erledigt haben.

* Nachbar heißt auf Alt(west)nordisch 'nábúi' ('ná' 'nah-', 'búa' wohnen; cf. got. 'bauan'), und wenn man weiß, dass <á> ein langes /a/ repräsentierte, ist man ja schon fast da. Mir ist nicht ganz klar, was mit dem /r/ passiert ist; die anderen germanischen Sprachen haben's ja jetzt noch. Vielleicht war da eine '-(a)ri' Endung die u.a. Agens denotiert am Werk, die sich im Laufe der Zeit durch irgendwelche Lautgesetze, die ich nicht kenne zu /-i/ reduziert hat.

Ich würde wegen all dem vermuten, dass es aus dem Nordgermanischen stammt, vielleicht irgendwo zwischen Späturnordisch und Altschwedisch. Leider kann ich an dem Wort keines der Charakteristiken zur Unterscheidung zwischen Altwestnordisch (Altnorwegisch, Altisländisch) und Altostnordisch(Altschwedisch, Altdänisch, Altgutnisch) erkennen, das mir geläufig wäre.

Das war jetzt aus der Perspektive der (Nord)germanischen Sprachen. Mich würde ja noch eine aus finnischer Sicht interessieren. Wenn du was rausfindest, lass es mich wissen ;)
Genauso, wenn ich komplett falsch liege, und das Wort erst vor 50 Jahren oder so übernommen wurde :D
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#3
 
ich kann auch nur ein paar (ergänzende) Vermutungen anstellen. Hättest Du nach einem Verb gefragt, wüsste ich definitiv mehr zu sagen. Nichtsdestoweniger habe ich in meiner Lehnwortliteratur ein paar Anhaltspunkte gefunden, dass der Lehnwortakkomodator {-i} (@ thf: ja, es ist einer!) wohl noch nicht bei den ältesten Entlehnungen (zeitlich vor bzw. bis altnordisch / althochdeutsch) auftaucht. Dieses {-i} scheint typisch zu sein (v.a. in einigen südlichen Dialekten) für (früh)neuzeitliche Entlehnungen aus dem Schwedischen, vgl. dial. hinnerikki/hinterikki/hinnerys - 'Hindernis, Störung, Beschwernis' aus schwed. hindra '(ver-/be-)hindern', im Finn. urkundlich belegt spätestens 1673.

In den letzten 50 Jahren dürfte diese Entlehnung wohl kaum stattgefunden haben. (Das sollte man eigentlich schnell durch irgend ein Korpus herausfinden können.) Da sprechen schon einige soziolinguistische und außersprachliche Faktoren gegen, nicht zuletzt die Tatsache, dass mit der nationalen Selbstständigkeit Finnlands auch die Entlehnungsrate (v.a. aus den Sprachen der "Kolonisatoren") zurück gegangen ist. Außerdem ist 'Nachbar' nun nicht gerade ein Konzept, das erst in so junger Zeit (entlehnungs-)relevant geworden ist.

Für die Literatrsuche zum Thema empfehlen sich die Namen Osmo Nikkilä und Jorma Koivulehto; beide haben viel (auch auf Deutsch) zu Lehnwörtern im Finnischen publiziert.
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#4
 
Also, die Endung -i kommt vor allem bei Fremd- und Lehnwörtern vor ist aber auch bei eigenen Wörtern immer noch sehr produktiv.
Wie wäre es denn mit, wie könnte es auch anders von mir kommen, Niederdeutsch? Im Altsächsischen heißt es noch nābūri und ist zum Mittelniederdeutschen zu nābūr/nābür geworden. Die Hanse war ja vor allem in Nordeuropa verbreitet und vor allem das Schwedische hat immens viel aus dem Schwedischen übernommen. Bisher finde ich keine direkte etymologische Verwandtheit eines schwedischen Wortes zu nābūr aber vielleicht ist es auf Umwegen oder direkt ins Finnische übergegangen. Dafür sprechen würde, dass das /x/ nicht vorhanden ist und das Wort am Ende ein /r/ hat.
Gibt es ein altschwedisches Wörterbuch online?
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#5
 
Konfetti! Dein Beitrag gerade eben war die langersehnte Nummer 2500!



ad rem: Niederdeutsch ist ganz sicher ein heißer Kandidat für eine mögliche Quellsprache dieses Worts. Gerade was die Sprachkontaktsituation germanische Sprachen : Finnisch angeht, muss man aber immer damit rechnen, dass es nicht die Quellsprache gibt, sondern ein Wort oft auf mehreren Wegen und Umwegen im Finnischen gelandet ist. Das gilt für hoch- und niederdeutsches Wortgut genauso, wie für Wörter aus dem Englischen, die gerne auch mal über das Schwedische "eingewandert" sind.

Ob und wo es so ein Wörterbuch online gibt, sollte Dir Google recht fix verraten. Ansonsten mein altes Mantra:
[Bild: https://www.linguisten.de/images/avatars...oubt_s.png]
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#6
 
Ja, deswegen meint ich ja, dass es interessant wäre, wenn es ein Wort, das damit verwandt ist, im Altschwedischen gäbe. Direkt ins Finnische sind soweit ich weiß, kaum Wörter aus dem Niederdeutschen gegangen. Dazu war der Kontakt zu gering, die Hanse war ja nicht wirklich in Finnland vertreten, reichte ja nur bis zum Finnischen Meerbusen.
Ein finnisches etmologisches Wörterbuch müsste nun her. Haben die von dir genannten Herrschaften auch ein solches herausgegeben?

Das Ding ist, dass ich natürlich seit neuem in die Bibliothek gehe, aber um ein Wort nachzuschauen, ist mir der Gang zu teuer. Die Googlesuche hat nichts ergeben, daher die Frage. ;)

:D 2.500. Beitrag, nicht schlecht. =P
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#7
 
Ich war wegen des 'i' Suffix deshalb skeptisch, weil es eben nicht nur Lehnwörter sind, die das bekommen, sondern auch native, insbesondere sehr alte etwa 'kivi' Stein oder 'äiti' Mutter. Anders als in dem germanischen Sprachen wo man mal gerne von "a" oder "o" Stämmen spricht, obwohl davon inzwischen weit und breit nichts mehr zu sehen ist, folgt die Zuordnung im Finnischen wohl eher phonologischen Kriterien.
Ganz gut nachlesen kann man das zum Beispiel in der diachron ausgerichteten "Finnische[n] Grammatik" von Martin Putz (S. 33f.)

Die Niederdeutschhypothese leuchtet mir nicht so ein. Warum sollte das Schwedische sich da ein Wort leihen, wenn es das eh in fast gleicher Form schon gibt, noch dazu, wenn es zum germanischen Kernwortschatz gehört (cf. http://www.etymonline.com/index.php?search=neighbor )?
Noch dazu kommt halt, dass 'nábúi' bzw. 'nabo' im heutigen Skandinavischen noch immer transparent ist. Seit wann ist es das denn im Deutschen nicht mehr?
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