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Erledigt: 25.05.2017, 13:43:43 Linguistisches Grundwissen
#1
Erledigt: 25.05.2017, 13:43:43
 
So, dies wird nun ein Thema voller Klischees und Stereotypen. Lächel

Mein sehr persönlicher Eindruck ist, dass in manch anderen Ländern (z. B. Spanien) mehr wert auf grammatisches Grundwissen gelegt wird, sowohl in der Schulbildung als auch im Erwachsenenalter als Teil der Allgemeinbildung.

Wie viel habt Ihr in Eurer Schullaufbahn über Sprache(-n) gelernt? Habt ihr im Ausland gelebt oder Zeit verbraucht? Was sind Eure, ganz persönlichen Eindrücke? Merci!
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#2
 
Hm. Ich habe seinerzeit ein humanistisch ausgerichtetes Gymnasium besucht, das bei jeder Gelegenheit auf seiner über 600-jährigen Geschichte als Schola Latina herumritt und das den Untergang des Abendlandes befürchtete, als sich Anfang der 1990er Jahre abzeichnete, dass man fortan keine Altgriechisch-Grundkurse mehr zusammenbekommen würde. Unsere Schule hat eigentlich jedes Jahr Leute zum Bundeswettbewerb Fremdsprachen geschickt (ich selbst war bloß immer zu selbstkritisch, um da mitzumachen) und auf derlei auch viel wert gelegt.

Wir haben im Deutsch-Leistungskurs nicht nur Alt- und Mittelhochdeutsch gemacht und uns mit dem heimatlichen Dialekt auseinandergesetzt, sondern auch mit Semiotik (Peirce, Bühler, Saussure). Im Englischkurs der Mittelstufe haben wir die gesamte Grammatik der Englischen Sprache Kapitelchen für Kapitelchen abgehandelt und in knappen Regelsätzen mit einer bis auf die neunte Unterebene verschachtelten Dezimalklassifikation festgehalten.
Seitdem ich selbst Deutschlehrer ausgebildet habe weiß ich zumindest, warum mein Deutschunterricht bis zur Jahrgangsstufe 10 nicht so stark grammatisch/sprachwissenschaftlich geprägt war (nein, ich mache jetzt *nicht* die Klischeekiste auf, das überlasse ich Eurer Phantasie!). aber mit den richtigen Lehrern kommt da auch eine Menge rüber, was über die mitunter recht vagen und ...äh... simplen Vorstellungen der Lehrpläne hinaus geht.
Auf meinem viereinhalbjährigen Weg zum Latinum wurde natürlich stets viel Wert auf grammatisches und linguistisches Wissen gelegt, gerne auch mal mit Exkursen zum Altgriechischen oder gar dem Sanskrit, ich glaube Litauisch wurde auch einmal herangezogen. Mein Französischunterricht (9. Klasse) war schlichtweg gruselig, zumindest was die didaktischen Fähigkeiten des Lehrers anging. Mein Russischunterricht (Oberstufe) war ok, da waren aber auch einige Sprachfreaks im Kurs, die dafür gesorgt haben, dass wir die Grammatik auch zum Zuge kommen lassen und nicht nur Landeskunde und Märchen machen Zwinker

Ich erinnere mich auch noch daran, dass zumindest eiige von uns in der Grundschule großen Spaß daran hatten, neben den verdeutschten Termini wie Tunwort und Wiewort auch die lateinischen Fachbegriffe wie Verb und Adjektiv zu lernen. Unvergesslich auch, dass unser Lehrer uns seinerzeit (4. Klasse) beim Behandeln der deutschen Fälle eine ganze Weile lang auf einen Exkurs über die Kasus des Latein und des Russischen mitgenommen hat.
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#3
 
Die Frage finde ich ganz interessant, wenngleich sie hier vmtl. nur anekdotisch erörtert werden kann. Ich glaube, wenn man da etwas objektiver werden möchte, müsste man auf nationaler und internationaler Ebene Lehrpläne und vergleichbare Vorgaben vergleichen.

Im Threadtitel steht linguistisches, im Text dann grammatisches Grundwissen. Ich denke, dass man diese Begriffe hier trennen und "Linguistik" stellvertretend für alles abgesehen von der Grammatik der jeweiligen Objektsprache verwenden sollte. So betrachtet, wurde mir in der Schule im Grunde nur grammatisches und quasi kein linguistisches Wissen vermittelt. Das vermittelte schulgrammatische Wissen in den modernen sprachlichen Fächern war in meiner Erinnerung relativ stark Terminologie-orientiert und zielte vor allem auf die normativ-korrekte Anwendung der Sprache ab. Dies war nicht selten von Faustregel-artigen Lehrsätzen und Eselsbrücken geprägt; von tiefergehenden Erklärungen wie etwa den Ablautreihen oder der Auslautverhärtung im Deutschen habe ich erst in der Uni gehört. Insb. die Vermittlung von Lautschrift im Englischunterricht anhand der '[ʃ] wie <sch> in dt. <matsch>'-Methode, ist mir sehr negativ in Erinnerung geblieben; ich bin nach wie vor der Meinung, dass man so nicht anständig Lautschrift lernen kann und die phonetische Systematik dahinter ist eigentlich auch nicht so kompliziert, dass sie für Schüler nicht verständlich wäre. Im Lateinunterricht wurde ein analytischer Zugang zu Sprache vermittelt, der mir methodisch meiner Ansicht nach viel für das Linguistikstudium gebracht hat.

Vielleicht liegt es am zeitlichen Abstand, dem anderen Bundesland und/oder den verschiedenen Schulformen, aber fast nichts von den über reine Grammatik hinausgehenden tollen Dingen, die janwo genannt hat, kamen bei mir in der Schule vor.
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#4
 
(17.03.2015, 15:21:52)thf schrieb: aber fast nichts von den über reine Grammatik hinausgehenden tollen Dingen, die janwo genannt hat, kamen bei mir in der Schule vor.
Bei mir auch nicht. Bis in die Uni hinein ist bei mir der Eindruck entstanden: Man teilt das Schulwissen in
- Sprachen & Literatur (schöngeistige Verwendung von Sprache)
einerseits
und
- Mathe und Naturwissenschaften
andererseits.
Dass gerade ein Zusammenhang von Mathe und Sprache von Interesse sein könnte, war nie Thema.
Zu den beiden genannten Blöcken kam dann hinzu:
Reden über Lebensbewältigung (Reli, Werte, Normen u.dgl.). In diesem Sinne wurde auch Philosophie verstanden.

Mathe also nur als Hilfswissenschaft für Naturwissenschaften oder als 'logische' Knobelei für Rätselfreunde. Grammatik mehr normativ als beschreibend. All die interessanten Aspekte, die Grammatik mit Mathe, künstlicher Intelligenz, ... verbinden, gab es nicht.
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#5
 
Nachtrag zum Bundesland: Ich bin in NRW zur Schule gegangen, unser Deutsch-LK hat aber seinerzeit mit den bayerischen Ausgaben des Lehrbuchs gearbeitet.

Nun sind, wenn ich das richtig überblicke, ja alle bisherigen Beiträger schon seit ein paar Jährchen aus der Schule. Kann also sein, dass sich das etwas geändert hat inzwischen.
Ich weiß aus meinem Gastspiel in der germanistischen Lehrerausbildung, dass inzwischen durchaus in den Mittelstufenjahrgängen (8-10) hier in NRW Einheiten (man könnte sie Module nennen) mit dem Titel "Reflexion über Sprache" in den Lehrplänen stehen, wo im Grunde über Soziolinguistik, Varietäten, Dialekte, Normierung, Purismus, Code-Switching usw. geredet werden kann, je nach Schulform und Altersstufe natürlich unterschiedlich tief gehend.
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#6
 
Zu janwo:

Wow, das nenne ich mal eine exquisite, ja (neutral gemeint) 'elitäre' Schulbildung! Hast Du dann Altgriechisch, Latein, Deutsch, Englisch, Russisch, Französisch UND den örtlichen Dialekt gelernt? In jedem Fall kann ich mir kaum eine bessere Vorbereitung auf ein sprachwissenschaftliches Studium vorstellen. Beneidenswert! War es nicht auch sehr schwer?

Zu thf:

Sicher, das Thema umfassend zu diskutieren, wäre ein Tauziehen um Zahlen und Paragraphen; wenngleich interessant. Bei der Unterscheidung Sprachwissenschaft/Grammatik gebe ich Dir recht. Das war von mir etwas willkürlich formuliert.

Zu kunnukun:

Das ist doch mal ein schönes Plädoyer für fächerübergreifendes/interdisziplinäres Lehren und Lernen! Persönlich hätte ich auch gerne mehr über Zusammenhänge zwischen den Wissensgebieten gelernt. Die Forderung ist ja nicht neu, dass man die Lehrpläne der einzelnen Fächer besser aufeinander abgestimmt und auch Berührungspunkte aufzeigt.
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#7
 
Nö. Altgriechisch kam ja nicht zustande. Ich habe später dann an der Uni Neugriechisch gemacht. Alles andere hier.
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#8
 
(25.03.2015, 18:06:46)Son of my comfort schrieb: dass man die Lehrpläne der einzelnen Fächer besser aufeinander abgestimmt und auch Berührungspunkte aufzeigt.
Das wäre eine alte Forderung, ja. Was mich immer nervte, war jedoch, dass diese Gruppierung <schöngeistig und Sprachen> vs. <Mathe und Physik ...> sachlich nicht gerechtfertigt ist. (Warum beispielsweise nicht kurze Frege-Texte zur Semantik in Deutsch behandeln? Dafür wären sie hervorragend geeignet.) Jene Gruppierung entspricht allerdings dem Arbeitsmarkt.
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#9
 
Ich finde die Linguistik richtig Interessant!
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#10
 
Ich habe vor ein paar Jahren mein Abitur ebenfalls in NRW gemacht. Bei mir haben wir im Deutsch-Leistungskurs Sprache als einen der größeren Themenblöcke behandelt und ich habe letztendlich sogar meine Abiturklausur über das Thema geschrieben. In den paar Monaten haben wir das Thema trotzdem aus meiner Sicht nur relativ oberflächlich behandelt beziehungsweise behandeln können. Im Vergleich zu anderen Themen haben wir uns mit Sprache nicht wirklich ausführlich auseinandergesetzt. Ich hätte mich damals im Kurs gerne intensiver damit auseinandergesetzt aber es ist auch so etwas hängengeblieben :D
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#11
 
@janwo ahnst Du, wie hart ich Dich gerade beneide?
Wir haben damals im Deutschunterricht grob gelernt, was es für Wortarten gibt und was Subjekt, Prädikat und Objekt sind und das war es auch schon. Im Fremdsprachunterricht haben wir anfangs hauptsächlich Verbformen (und im Französischen direkte und indirekte Objektpronomen) gelernt, allerdings wurden uns in Französisch in der Mittelstufe sowohl passé simple und passé antérieur als auch subjonctif imparfait und subjonctif plus-que-parfait vorenthalten und als ich diese Zeitformen im Mittelteil eines Wörterbuchs entdeckt hatte und wissen wollte, ob die Subjonctif-Imparfait-Formen generell auf den Passé-Simple-Formen aufbauen, habe ich feststellen müssen, dass fast alle meine Französischlehrer gar nichts von der Existenz des subjonctif imparfait wussten, einer hat sogar behauptet, ich hätte mir diese Zeitform ausgedacht, um Aufmerksamkeit zu bekommen.
In der 11. Klasse hat die Englischlehrerin, ihres Zeichens Quereinsteigerin aus der Anglistik, uns tatsächlich geraten, uns mit IPA vertraut zu machen, hat IPA aber nie formal eingeführt. Auch sie hat uns hauptsächlich Textanalyse beigebracht.
Als ich in der 12. Klasse die Schule gewechselt habe, um Englisch und Französisch als LKs zu belegen, wurde dort vorausgesetzt, dass wir die englische und französische Grammatik beherrschen, es wurden allenfalls bestimmte Regeln wiederholt, wenn in einer Klausur ein bestimmter Fehler gehäuft auftrat, ansonsten lag auch hier der Schwerpunkt auf Textanalyse und Landeskunde. Der Deutsch-Grundkurs-Lehrer, promovierter Philosoph und Literat, hat alles daran gesetzt, uns deutsche Literatur näherzubringen, ihm war wichtig, dass wir literarische Texte nicht nach Schema F abarbeiten, sondern wirklich versuchen, sie zu verstehen und dadurch etwas über uns selbst und unser Gefühlsleben lernen. Für Grammatik blieb dabei keine Zeit, was ich billigend in Kauf genommen habe.

Vom Bundeswettbewerb Fremdsprachen habe ich erst in den letzten zwei Jahren an der neuen Schule erfahren und beide Male mitgemacht - jetzt wo Du sagst, Du bist aus Selbstkritik nicht hingegangen, schäme ich mich schon ein bisschen - zu meiner Verteidigung sei gesagt, dass ich an der alten Schule so lange die einzige Sprachbesessene gewesen war, dass ich unbedingt endlich einmal Anschluss an andere Sprachenmenschen finden und von den Besten der Besten lernen wollte. Ich habe es auch beide Male in die Endrunde geschafft, allerdings beim ersten Mal "nur" einen dritten und beim zweiten Mal, weil ich extra noch etwas Italienisch gelernt hatte um eine Wettbewerbssprache mehr zu haben, einen zweiten Preis gewonnen. Dass es kein erster Preis geworden ist, schiebe ich gern auf meine fehlende Sozialkompetenz, die zählt ja auch in die Bewertung mit rein ;)
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