Phonotaktische Regeln bei Diminutiven

Hallo liebe Mitglieder! Im Rahmen meines Dissertationsprojektes untersuche ich die deutschen Diminutivendungen -chen und -lein (letzteres ist im heutigen Sprachgebrauch weniger zu finden als -chen). Hier soll es nun nur um das -chen gehen. Leider bin ich nicht ganz so tief in Phonotaktik drin, um folgende Frage allein lösen zu können:

Gibt es phonotaktische Regeln, was vor einem -chen stehen darf? Das immer eine Silbengrenze kommt, ist mir klar. Aber wie unterscheide ich auf phonotaktischer Ebene zwischen z.B. Zeichen, Drachen (die keine Diminutive ist) und z.B. Händchen, Schlüsselchen etc.? Geht das überhaupt oder lässt sich ein Unterschied nur auf Semantischer und/oder Pragmatischer Eben verorten (und natürlich morphologisch, wenn -chen als Wortendung bei den Dim genutzt wird, aber nicht bei den anderen nicht diminuierten Substantiven? )

Was ist der Hintergrund dafür, dass bei einigen Diminuierungen ein Vokal ersetzt wird durch einen Umlaut (z.B. s.o. Hand -> Händchen, aber nicht *Handchen, so auch z.B. bei Fuß, Bauch, Nase (und generell bei fast allen Körperteilen, außer bei solchen, bei denen es kein passendes Gegenstück als Umlaut gibt z.B. Finger->Fingerchen). Kann es sein, dass bei den Vokalen -a,-o und -u immer ein Wechsel in den Umlaut erfolgen MUSS, wenn eine Diminuierung mit -chen stattfindet? Was ist dann aber mit Formen, wo beide Diminutivformen möglich wären (auch wenn eine vielleicht weniger genutzt wird), z.B. Blatt-> Blättchen aber auch Blattchen (zumindest in älteren Belegen noch findbar)?

Vielleicht gibt es ja ein paar Impulse und Ideen dazu, ich würde mich freuen!

Liebe Grüße

Hallo, DeJung! (:

Zitat:Gibt es phonotaktische Regeln, was vor einem -chen stehen darf? Das immer eine Silbengrenze kommt, ist mir klar. Aber wie unterscheide ich auf phonotaktischer Ebene zwischen z.B. Zeichen, Drachen (die keine Diminutive ist) und z.B. Händchen, Schlüsselchen etc.? Geht das überhaupt oder lässt sich ein Unterschied nur auf Semantischer und/oder Pragmatischer Eben verorten (und natürlich morphologisch, wenn -chen als Wortendung bei den Dim genutzt wird, aber nicht bei den anderen nicht diminuierten Substantiven? )

Dazu fallen mir folgende Aspekte ein:
1. Das Dim.morphem {-chen} folgt fast immer einem Konsonanten (mit Ausnahme von z. B. „Mariechen“ und „Frauchen”). Wenn also „chen“ ein Vokal vorangeht, ist die Wahrscheinlich relativ groß, dass es sich nicht um einen Diminutiv handelt.
2. Es wird im Hochdeutschen immer [çən] artikuliert, selbst wenn es an einer Position steht, an der /x/ eigentlich velar artikuliert werden müsste (z. B. bei „Frauchen”). Das ist quasi ein rein phonotaktischer Beweis, dass „Drachen“ kein Diminutiv sein kann.

Aber in Fällen wie „die Furchen”, in denen keiner der oben genannten Aspekte einen Hinweis darauf gibt, dass es sich nicht um einen Diminutiv handelt, muss pragmatisch, lexikalisch und morphologisch argumentiert werden (z. B. mit folgender Regel: Wenn die Buchstaben vor „chen” einen existierenden Wortstamm bilden, der sich außerdem mit der Semantik des Ausgangswortes auf „chen” deckt, handelt es sich mit größter Wahrscheinlichkeit um einen Diminutiv).

Zitat:Was ist der Hintergrund dafür, dass bei einigen Diminuierungen ein Vokal ersetzt wird durch einen Umlaut (z.B. s.o. Hand -> Händchen, aber nicht *Handchen, so auch z.B. bei Fuß, Bauch, Nase (und generell bei fast allen Körperteilen, außer bei solchen, bei denen es kein passendes Gegenstück als Umlaut gibt z.B. Finger->Fingerchen). Kann es sein, dass bei den Vokalen -a,-o und -u immer ein Wechsel in den Umlaut erfolgen MUSS, wenn eine Diminuierung mit -chen stattfindet? Was ist dann aber mit Formen, wo beide Diminutivformen möglich wären (auch wenn eine vielleicht weniger genutzt wird), z.B. Blatt-> Blättchen aber auch Blattchen (zumindest in älteren Belegen noch findbar)?

Bei der Diminution wird in der Regel umgelautet (heißt: a/o/u wird zu ä bzw. ö bzw. ü). An Gegenbeispielen fallen mir ad hoc das bereits erwähnte „Frauchen” und das regionale „Jungchen“ ein. Die Regel hat also Ausnahmen. Der Hintergrund dafür lässt sich wohl in älteren Sprachformen finden, wo Umlautung und Ablautung durch den Vokal in der dem um- oder abgelauteten Vokal folgenden Silbe hervorgerufen wurde. Da bin ich aber nicht firm genug, um Dir mehr sagen zu können. 

Hilft Dir das weiter? (:

LG
Yaouoay