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Erledigt: 01.07.2018, 18:21:10 Pitch Akzent in den skandinavischen Sprachen aus dem IE?
#1
Erledigt: 01.07.2018, 18:21:10
 
Hallo,
das Indoeuropäische hatte ja mehr oder weniger einen musikalischen Akzent. In einer Vorlesung hatte ich nun gefragt, ob der Pitch Akzent in einigen skandinavischen Varietäten aus diesem indoeur. Akzent hervorgegangen ist, oder ob es eine spätere, sekundäre Entwicklung war. Ich glaube, meine Frage wurde nicht recht verstanden und es wurde bejaht. Ich weiß es zwar nicht besser, aber ich glaube das soweit noch nicht wirklich. Bisher habe ich nur gefunden, dass dieser Pitch-Akzent auch spätestens schon im Altnordischen vorkam. Geht der denn auch auf Proto-Germanisch zurück oder ist das eine nordgermanische Neuerung? Gibt es dazu Theorien/"Beweise"? Ich glaube eher (aus dem Bauch heraus), dass es wie in einigen fränkischen Varietäten eher eine unabhängige Neuentwicklung ist, die nicht auf den musikalischen Akzent im Indoeuropäischen zurückgeht. Oder irre ich mich da doch?
Vielen Dank,
Kevin
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#2
 
Hallo Kevin,

wie du schon richtig vermutest, muss es sich dabei um eine unabhängige Neuentwicklung wie in anderen germanischen Idiomen handeln. Es kann kaum Relikte des indogermanischen Akzent- und Intonationssystems im Germanischen geben, da dieses bei Festlegung des urgermanischen Initialakzents (irgendwann nach Verners Gesetz und vor der Überlieferung des Gotischen) gänzlich aufgegeben wurde. Wegen dem starken exspiratorischen Druckakzent auf der ersten Silbe wurden ja leichte unbetonte Endsilben gemeingermanisch beseitigt. Und genau in letzterem liegt der Grund für die Phonologisierung von Akzentunterschieden im Nordgermanischen: Alte zweisilbige Wörter erhielten bei Verlust einer Silbe einen anderen Ton als alte Einsilbler - in dem Moment, wenn sekundär neue Zweisilbigkeit (enklitischer Artikel, Sprossvokale) entsteht; z.B. tragen neunorwegisch aksel ‘Schulter’ und aksel ‘Achse’ verschiedene Töne und stammen aus anord. axl bzw. axull. Ähnlich neuschwed. and-en ‘Ente-DET’ und ande-n ‘Geist-DET’ aus anord. and-in bzw. andi-n.
Ähnliche Prozesse führten zum phonologischen Glottisverschluss des Dänischen sowie zur rheinischen Schärfung, wo hu:s ‘Haus’ < *hūs einen anderen Ton trägt als hy:s ‘Häuser’ < *hü:zə (i.e. kompliziertere Prozesse bei Veränderung alter Längen und Kürzen bzw. Apokopen).

p.s. "musikalischen Akzent" im Indogermanischen ist auch so eine Sache.
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#3
 
Hallo, vielen Dank für diese ausführliche Beschreibung, das macht alles sehr viel deutlicher.
Ich hatte das mit dem "musikalischen" Akzent auch nur aus der Vorlesung, und dann gelesen, dass die Gewichtung des musikalischen Akzents immer wieder relativiert wird. Was genau steckt denn dahinter? Und der musikalische Akzent wird angenommen, weil frühere Sprachformen wie Altgriechisch und im östlichen indogermanischen Sprachzweig Töne unterschieden haben?
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#4
 
Tichy, Indogermanistisches Grundwissen (2009), S. 48f.: „Der freie Akzent des Uridg. war ein vorwiegend musikalischer Akzent, d.h. in erster Linie durch die Tonhöhe markiert, ähnlich wie noch im Vedischen (Grundfrequenz […]; Hoch- oder Steigton; Fallton […]), im Altgriechischen […], im Litauischen, Serbischen, Kroatischen und Slovenischen. […]
Bei Annahme eines vorwiegend musikalischen Akzents erklärt sich die Abhängigkeit des Verbalakzents, wohl auch des Vokativakzents von der Stellung im Satz und damit der Satzintonation […].

Es ist aber nun eben die Frage, inwieweit letzteres, die Satzintonation (im vedischen Sanskrit und Altgriechischen weisen Verben im Hauptsatz auf Akzentlosigkeit hin) für eine hier gefragte phonologische Intonationsdifferenz spricht. Mayrhofer in Meier-Brügger, Indogermanische Sprachwissenschaft (2010), S. 283-290 operiert bei seiner ausführlicheren Besprechung des uridg. Akzentsystems überhaupt nicht mit tonalen Oppositionen und sieht die Satzintonation als andere Ebene an. Es kann jedenfalls kein einziges uridg. Minimalpaar für einen solchen Unterschied angeführt werden, es lässt sich nur ein freier (i.e. morphologisch gesteuerter) Akzent für jede Wortform rekonstruieren.

Rix, Historische Grammatik des Griechischen (1992), S. 44: „Daß die idg. Grundsprache in betonten Silben mit langem Silbengipfel (Langvokal oder Diphthong) eine Intonationsopposition steigend : geschleift (bzw. fallend) gekannt hat, ist möglich, aber nicht zu erweisen (die scheinbare Übereinstimmung von lit. -à, -õs und gr. -ā‘, -ãs im Nom. bzw. Gen. der –ā < eh2-Stämme beruht wohl auf einzelsprachlicher Neuerung […] Es muss also offen bleiben, ob das Griech. seine Intonationsopposition […] ererbt oder neu geschaffen hat.
Anmerkung: Schleifton entsteht im Griechischen sekundär durch Kontraktion. Die Entstehung der baltischen und slavischen Intonationen ist hochgradig umstritten; jedenfalls benötigt man in allen Szenarien viele Transformationen.

Man weiß darüber hinaus beinahe mit größerer Sicherheit, dass es relativ kurz vor dem rekonstruierten urindogermanischen Sprachzustand einen starken dynamischen Druckakzent gegeben haben muss, da das Urindogermanische deutliche Spuren von Synkope und der daraus resultierenden Schwund-/Nullstufe im Ablautsystem zeigt.
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