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[Theor] Sprach- und Grammatiktheorie: 
nicht erledigt Wie bestimmt der Duden die Wortklassen?
#1
nicht erledigt
 
Hallo,
ich bin Computerlinguist und entwickele einen rein regelbasierten Parser (ohne jeglichen Neuronalen Netzen) für die deutsche Sprache. Der Parser ist logisch sehr binär und fordert vom Lexikon (ich benutze Morphy, welches mit dem Duden übereinstimmt), dass die möglichen Wortklassen eines Wortes sehr exakt festgelegt sind. Den folgenden Satz kann mein Parser nicht parsen, da scheinbar eine Wortklasse falsch ist:

"Diese Tipps lassen sich von jedem einsetzen, jedoch sind die eigenen Erfahrungen umso wichtiger."

Das Wort "umso" müsste hier die mögliche Wortklasse Adverb aufweisen, um geparst werden zu können, der Duden listet aber nur die Wortklasse Konjunktion. Ich frage mich also, wie der Duden die Wortklassen eines Wortes festgelegt hat? Meines Wissens gibt es kein "geschlossenes", grammatikalisches Modell der deutschen Sprache?!

Vielen Dank für Antworten,
Simon
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#2
 
Hallo Simon,

da würde ich mal beim Duden direkt nachfragen. Meiner Erfahrung nach sind die eigentlich sehr hilfsbereit, wenn es um derlei Dinge geht. Frag doch mal höflich bei Kathrin Kunkel-Razum, der Chefredaktuerin, an. Aber unabhängig stellt sich doch die Frage, welchen Duden Du genau meinst. Der Online-Duden könnte aufgrund des anderen Anwenderkreises eine andere Wortartenkategorisierung verwenden als bspw. der Grammatik-Duden (Bd. 4). In der gedruckten Ausgabe findet Du vielleicht sogar Deine Antwort. Nach meiner Ausgabe (Auflage 9) wäre umso als Gradpartikel zu klassifizieren (S. 1054). Falls Dir das nicht reicht, könnte Dir möglicherweise Angelika Wöllstein als Herausgeberin des Grammatik-Dudens oder Damaris Nübling als Autorin des Teils für nicht flektierbare Wortarten weiterhelfen.

Viele Grüße
PeterSilie
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#3
 
Hallo Peter,
ich glaube Du hast mir schon mal weitergeholfen. Danke.

Ich habe Frau Kathrin Kunkel-Razum eine Email geschrieben.

Nach meiner Ausgabe (Auflage 9) wäre umso als Gradpartikel zu klassifizieren (S. 1054).

Mein Parser analysiert nur Wortklassen, keine weiteren Unterteilungen. Ich habe gegoogelt und Gradpartikel sind z.B. Steigerungen, wie "sehr". Mich stört nur, dass "umso" kein Adverb sein kann, sondern nur Konjunktion. Eine Konjunktion trennt bei meinem Parser Haupt und Nebensätze oder wird als Aufzählungsoperator von z.B. Nomen verwendet. Dies passt aber beides nicht bei dem Satz:

"Diese Tipps lassen sich von jedem einsetzen, jedoch sind die eigenen Erfahrungen umso wichtiger."

Es sind nur wenige Wörter verglichen mit der Gesamtzahl an Wörtern im Lexikon, die nicht ins Schema passen, welches mein regelbasierter Parser ansetzt. Es wäre also höchst interessant für mich zu erfahren, wie die Wortklassen festgelegt wurden. (vll ist mein Parser ja genauer ;))

Viele Grüße,
Simon
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#4
 
Hallo Simon,

Wortartenklassifizierungen arbeiten mit distinktiven syntaktischen, morphologischen und manchmal auch semantischen Eigenschaften. Da Sprache aber nun mal kein konsistentes System ist, gibt es immer wieder Beispiele, die selbst für sehr ausgefeilte WA-Klassifizierungen einen Problemfall darstellen: Ein Grund, Partikeln von Adverbien zu trennen, geht auf die Beobachtung zurück, dass Adverbien normalerweise vorfeldfähig sind, also in finiten Aussagesätzen allein vor dem verb stehen können, und Partikeln nicht. Auf prototypische Adverbien wie abends, leider, hier und Partikeln wie mal, nicht, wohl trifft diese Generalisierung zu. Probleme bereiten aber u.a. das Adverb ziemlich, das nicht allein vorfeldfähig ist oder die Fokuspartikel so, die allein das Vorfeld besetzen kann. Arbeitet man nun mit einer größeren Detailtiefe wie bspw. im STTS-Tagset oder in der Wortartenklassifizierung von Bergenholtz & Schaeder (1977), dann kann man diese Differenzierungen erfassen. Arbeitet man hingegen nur mit der Grobklassifizierung Adverb vs. Konnektor, dann kann umso kein Adverb sein, da es nicht vorfeldfähig ist. Die Klassifizierung als Konnektor macht da m.E. schon eher Sinn, da zwei Ausdrücke semantisch in Beziehung gesetzt und damit verbunden werden. Wobei hier genauer geschaut werden muss, wie diese Klasse definiert ist. Ist es eine Bestimmung aufgrund von syntaktischen oder semantischen Merkamlen oder geht es lediglich um Relationalität in einem sehr abstrakten Sinn?

Letztlich läuft es immer auf dieselbe Kosten-Nutzen-Abwägung hinaus: Will man eine möglichst genaue Klassifizierung (mit vermutlich hunderten Wortarten) oder eine leicht zuhandhabende (die bspw. auch von einem 'dummen' Computerprogramm gelernt werden kann)? Für die letzte Variante hat sich bspw. eine der führenden Grammatikkonzeptionen entschieden. In der frühen generativen Grammatik wurden nur die Worten Verb, Nomen, Adjektiv/Adverb und Präposition angenommen, die sich aus den Merkmalen [±N] und [±V] zusammensetzen lassen. Es gibt somit keine bessere WA-Kategorisierung, sondern nur eine, die für eine bestimmte Aufgabe mit den zur Verfügung stehenden Mitteln besser geeignet ist. Und das muss jede/r für sich und sein Projekt selbst entscheiden.

Viele Grüße
PeterSilie
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