Wortarten-Problem

Hallo zusammen,
Momentan schreibe ich eine Hausarbeit und stolpere gerade über eine (vermutlich) banale Frage, die ich nicht beantwortet bekomme.
Ohne Kontext - Folgender Satz: „Er findet es so schlimm“
Welche Wortart / Funktion übernimmt schlimm? Kann es als Attribut zu dem Verb „finden“ oder Adverb betitelt werden?
Mir geht es hierbei um die Tatsache, dass finden offensichtlich keine Kopula ist, sondern sich die Verbindung zwischen Verb und Adjektiv unterscheidet.
Für Präzisierungen und Erklärung bin ich dankbar!
Viele Grüße

Hallo,
ich würde es hier als adjektivisches Attribut zu "es" bewerten. "finden" ist ein kognitives Verb, das hier eine Einschätzung des Wesens von "es", Pronomen für zum Beispiel für "das Buch", vornimmt. Man kann den Satz auch so formulieren: "Ich finde, dass es schlimm ist." Hier merkt man, dass eine Kopula zwischen "es" und "schlimm" bestens passt. Es gibt auch Formulierungen wie: "Ich finde ihn einen netten Kerl." Ich würde es nicht als Adverb zu "finden" einstufen, das würde die Art und Weise, wie man das kognitive "finden" vornimmt, beschreiben. "Es ist schlimm, dass ich es so und so finde."
Mehr kann ich aber nicht dazu sagen.

Hallo,

ich stimme @Kevin auf jeden Fall zu, dass "schlimm" hier kein Adverb ist. Adverbien bestimmen das Verb, also wie Art und Weise des Findens. "Auf welche Weise findet er es? - Schlimm." ist hier auf jeden Fall Schwachsinn.

Mithin muss "schlimm" Adjektiv sein. Der Bezug geht offensichtlich auf "es" (Was ist denn "schlimm"? Offensichtlich "es".)

Weiterhin bezeichnen wir in der Latinistik solche Adjektive, die nicht direkt mit ihrem Bezugssubstantiv zusammenstehen, sondern durch ein Verb getrennt sind, als "prädikativ gebraucht" oder "Prädikativa". Ganz klassisch steht so etwas nach der Kopula:

Attributiv: Das grüne Blatt.
Prädikativ: Das Blatt ist grün.

Im Fall der Kopula bezieht sich das prädikative Adjektiv auf das Subjekt des Satzes. Zumindest wir Latinisten hätten aber auch kein Problem damit, wenn es sich auf ein Objekt bezöge wie in deinem Fall "Er findet es so schlimm".

Ich könnte mir nur evtl. vorstellen, dass die Germanisten da nochmal eine Unterscheidung treffen, das weiß ich aber nicht. Für mich persönlich liegt ganz klar ein Adjektiv in prädikativer Funktion (Bezug auf "es") vor.

Meine Interpretation wird gestützt von https://de.wikipedia.org/wiki/Pr%C3%A4dikativum > "Obligatorische Prädikativa" > "Objektbezug".

Ich würde einen ganz anderen Ansatz wählen. Die Frage nach der Wortart von 'schlimm' setzt voraus, dass es sich um ein selbstständiges Wort handelt. Das trifft hier m.E. jedoch nicht zu. Ein Attribut zu 'es' kann es nicht sein, da es einerseits nicht flektiert ist und Pronomen andererseits - wenn sie nicht substantiviert sind - die gesamte NP ersetzen und nicht nur etwa den Kopf der NP. Entsprechend kann auch kein Prädikationsverhältnis zwischen Attribut und 'es' als Kopf bestehten (s. Maas 1992)

'schlimm' zeigt vielmehr Parallelen zu einer Verpartikel: 

1. Es kann in einem Deklarativsatz mit Normalbetonung nicht allein im Vorfeld stehen. Das geht nur mit Kontrastbetonung: SCHLIMM finde ich das nicht, aber schon ziemlich seltsam. vs. AUF geht die Sonne im Osten und unter im Westen.
   
2. 'schlimm' steht im Nebensatz und Infinitivkonstruktionen direkt links vor dem Verb, also da wo auch Verbpartikeln stehen: Ich bin aufgestanden. - ..., weil er aufsteht. - Ich bitte Sie, aufzustehen. vs. Das habe ich schlimmgefunden. - ..., weil sie das schlimm findet. - Ich bitte Sie, das nicht schlimm zu finden.
   
3. Die Kategorie Verbpartikel wird mittlerweile auf verschiedene Ausdrücle angewendet, nicht mehr nur auf die klassischen Verbpartikeln, die ja allesamt mal Präpositionen waren. Mittlerweile werden eine ganze Reihe anderer Ausdrücke auch dazu gezählt: (Rad) fahren, schwarz (ärgern), bergab (radeln) (u.a. , Fuhrhop 2006, Heine et al. 2010)-> Die GZS ist spätestens seit der Rechtschreibreform kein relvantes Indiz mehr für derlei Fragen.
   

Viele Grüße
PeterSilie