Das Baskische ist hier im Forum ja schon des öfteren Thema gewesen, zuletzt z.B.
hier.
In unserem Blog haben wir unlängst eine
Pressemeldung der Uni Bamberg weiterveröffentlicht, in der es um die Arbeit von Martin Haase (@
Maha) zum Baskischen ging und darum, dass die Sprache nicht so isoliert sei, wie man bislang wohl angenommen hat.
Wie
@Kevin andernorts angemerkt hat, gibt es da eine Unklarheit hinsichtlich des Begriffs "
isoliert". Vor allem darauf möchte ich hier nun eingehen.
Man muss bei der Feststellung, eine Sprache sei isoliert, im Grunde zwei Isolationsbegriffe voneinander unterscheiden:
- genealogische Isolation
- soziale/geographische Isolation
Die
genealogische Isolation behaupten wir immer dann von einer Sprache, wenn sie entweder überhaupt keine uns bekannten genealogisch verwandten Sprachen hat (z.B. eben Baskisch, wenn man es als eine Sprache zählt) oder aber alle uns bekannten mit ihr verwandten Sprachen ausgestorben sind (z.B. Ketisch als letzte Überlebende der Jenissej-Srachen). Der erste Fall wird in der Biologie "
monophyletisch" genannt, das hat sich m.W. aber in der Linguistik (noch) nicht etabliert; den zweiten Fall könnte man zur Differenzierung vielleicht eher "
verwaist" nennen.
Die
soziale/geographische Isolation hingegen ist eine Situation, in der eine Sprache nicht in Kontakt mit anderen Sprachen ist. Das ist heutzutage m.W. nur noch im Amazonasgebiet, den Andamanen-Inseln und eventuell auf Neuguinea gegeben, war aber zu früheren Zeiten vermutlich nicht so selten und räumlich begrenzt wie jetzt. Eine Abgeschwächte Form hiervon wäre es, wenn eine Sprache keine (oder, noch schwächer, nur wenige) sichtbaren Spuren eines Sprachkontaktes aufweist. Möchte man der Klarheit halber nicht von
Isolation sprechen, könnte man stattdessen die Metapher der
Abschottung verwenden.
Nach allem, was wir derzeit als gesichert annehmen können, ist Baskisch eine
genealogisch isolierte Sprache. Sämtliche Versuche, das Baskische genealogisch an etablierte Familien anzuschließen, werden vom Großteil der Fachwelt kritisch gesehen bis verrissen oder lächerlich gemacht.
Dass Baskisch zudem in einer geographischen sogenannten Rückzugslage liegt, hatte
@Maha schon in dem anderen Thread erwähnt. Dennoch hat es Nachbarsprachen, mit denen es nolens volens auch in Kontakt ist und schon lange war. Eine soziale/geographische Isolation können wir also im strengsten Sinne nicht annehmen, und genau das argumentiert Martin Haase ja auch.
Als ich die Überschrift der Zeitungsmeldungen im RSS dazu eintrudelten, dachte ich zunächst, es handle sich um einen weteren Versuch, die genealogische Isolation des Baskischen zu widerlegen. Und ganz ehrlich, genau deswegen habe ich den Artikel auch aufgerufen ... und war dann im ersten Moment etwas enttäuscht. Dass das Baskische lexikalisches Lehngut enthält und sozial/geographisch nicht isoliert ist, fand ich jetzt nicht so überraschend.
Beim zweiten Hinsehen und nach Kevins Anmerkung stellte ich mir dann die Frage, wie viel Sprachkontakt-Einfluss (Entlehnung und Metatypie) eine Sprache wohl erfahren muss, um sich in ihrem typologischen (grammatischen) und lexikalischen Habitus den Mitgliedern der anderen, sie beeinflussenden Familie bis zur Verwechselbarkeit anzunähern. Im Rahmen der Familienmetapher könnte man meinetwegen von
Adoption sprechen.
* Unter solchen Umständen wäre es dann vielleicht legitim, beide (Nicht-)Isolationsbegriffe zusammenzufassen. Ansonsten sollte man das aber meiner Meinung nach nicht tun.
*Wenn einer fragt: das habe ich hier und jetzt erfunden!