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Erledigt: 27.07.2022, 05:59:17 Die effizienteste Sprache?
#1
Erledigt: 27.07.2022, 05:59:17
 
Hallo,

es gab schon einige Vorfälle bei denen KIs eigene Sprachen entwickelten um die Kommunikation zu beschleunigen, dies hat mich überzeugt eine effektiverer Sprache wäre notwendig, bin mir aber sicher ich werde nicht der erste mit dem Gedanken sein Das Internet nicht sonderlich ergiebig. Welche Sprache ist die effizienteste, also in welcher Sprache kann das Hirn am schnellsten denken und in welcher können am schnellsten Information kommuniziert werden? Herbei sind Aspekte wie Gefühlskommunikation; u.ä, bin kein Experte, irrelevant da es um rein technische Anwendungen geht. Ithkuil ist mir zwar schon aufgefallen, scheint jedoch das Sprichtwort "Deutsche Sprache schwere Sprache" regelrecht zu verhöhnen ;)

LG
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#2
 
Hallo und willkommen im Forum.
Leider ist das eine Frage, die redundant oft gestellt wird und Leute sich Antworten erhoffen. :P

Das oft zitierte Facebook-Experiment mit den zwei Bots ist meistens eher ein Missverständnis des eigentlichen Versuchsaufbaus. Das Experiment ist gescheitert, es war intendiert als eine bessere Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine im Verhandeln. Aber das Experiment war nicht so aufgebaut, dass die Bots belohnt werden würden, wenn sie Englisch erfolgreich einsetzen in der Kommunikation. Die Belohnung erfolgt nur bei abgeschlossener Verhandlung. Weil sie keinen Grund hatten, englische Syntax korrekt anzuwenden, wurde es einfach schnell abgelegt und Redundanz "to me to me to me..." war dann einfach symbolhaft für die Menge, die verhandelt wurde. Das wurde medial zwar als die nahende Apokalypse gewertet, aber das Experiment wurde einfach abgebrochen, weil es gescheitert ist. Es war kein Beispiel für die steigende Intelligenz von KI, zumindest nicht in dem Maße, wie es dargestellt wurde.

Und was die Effizienz betrifft, muss man zwischen Kunstsprachen wie Esperanto und Ithkuil, und natürlichen Sprachen unterscheiden. Ithkuil soll möglichst viel Information kodieren auf möglichst wenige Elemente, sodass pro Zeiteinheit maximal viel Informationen wiedergegeben werden. Als Kunstsprache klingt das nach Effizienz, aber das lässt sich nicht einfach auf natürliche Sprachen übertragen. Viel eher ist davon auszugehen, dass alle natürlichen Sprachen das gleiche Level an Effizienz bzw. Potenzial besitzen, um Informationen wiederzugeben. Das heißt, der Mythos, "Französisch" sei die genaueste der europäischen Sprachen (oder irgendeine andere Geschichte), bleibt ein Mythos. Manche Studien haben zum Beispiel auch gezeigt, dass die unterschiedlichen Sprechgeschwindigkeiten zwischen Spanisch/Japanisch und beispielsweise Englisch nicht mit mehr Zeiteffizienz einhergehen, sondern dass pro Zeiteinheit genauso viel Informationen übertragen wird, aber dass im Spanischen pro Lauteinheit weniger Information kodiert wird. Das heißt, im Spanischen braucht man mehr Phoneme pro Information als im Englischen zum Beispiel. (Es gab aber auch Abweichungen in den Beispielen. Die nötige Menge an Information pro Zeiteinheit ist natürlich auch abhängig von Kultur und die Umgebung. Für manche Communitys ist es vielleicht nicht erforderlich, möglichst viel pro Zeit wiederzugeben.) Solche Beispiele zeigen vor allem, dass das heutige Ausmaß an Sprachkodierung viel eher ein Spiegelbild dessen ist, in welcher Geschwindigkeit und Effizienz unser Gehirn Informationen durchschnittlich verarbeiten kann. Eine Kunstsprache wie Ithkuil ist da keine Lösung, es wäre davon auszugehen, dass man es super langsam benutzen müsste, um in der gegebenen Zeit, all die kodierten Informationen zu verarbeiten. Viel Effekt wird es nicht haben, zumal natürliche Sprachen bereits die Jahrhunderte (Jahrtausende, wie man es auch sieht) an Erfahrung haben, wie sie am besten die menschliche Kognition bedienen.

Darüber hinaus sprechen Maschinen keine Menschensprachen. Programmiersprachen funktionieren anders und sind nicht an die Verarbeitungsgeschwindigkeit menschlicher Kognition gebunden, sondern an die Stärke der Hardware. Desto fortschrittlicher die Technik wird, desto mehr Effizienz werden programmierte KIs haben. Das ist aber nicht unbedingt von der Sprache abhängig, desto besser der Arbeitsspeicher, umso weniger effizient könnte auch die Sprache sein, um die gleiche Leistung zu erzielen. Aber das hat auch nichts mit einer menschlichen Sprache zu tun.

Das obig genannte Experiment zielte ja aber genau darauf ab, dass zwei Bots menschliche (englische) Sprache benutzen, um mit Menschen zu kommunizieren und zu verhandeln. Deshalb hat es nicht so viel mit Effizienz in Programmiersprachen zu tun.

Aber das heißt nicht, dass "gefühlte" Effizienz keine Rolle spielen würde im Sprachwandel. So sind zum Beispiel die Sätze "Ich bin Stadt. Ich geh Aldi." auch als Effizienzsteigerung zu interpretieren, weil die Verben "sein" (à la sich befinden) und "gehen" bereits die Richtung/Lokation kodieren (also im Verb-Frame selbst), deswegen sind die Sätze nicht wirklich missverständlich. "Ich bin in der Stadt." und "Ich gehe zu Aldi." würden nach dieser Interpretation also mehr Redundanz haben, weil sie "Satelliten", die Präpositionen, haben, die keine wirklichen neuen Informationen zum Satz beisteuern.
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#3
 
Das 1.) die Abhängigkeit vom Belohnungssystem und 2.) das andere Ziel dem Experiment sämtliche Aussagekraft entziehen ist mir klar.... aber angenommen ein Mensch würde von Geburt an primär Ithkuil lernen und verwenden, wäre dessen Verarbeitungsgeschwidigkeit dann nicht wesentlich höher? Alle natürlichen Sprachen sind nicht auf Effizienz ausgelegt, diese wäre es schon, und nachdem die jeweilige Sprache mit der man großgezogen wird einen nicht vernachlässigbaren Einfluss auf das jeweilige Individuum hat bzw wie das Gehirn wächst, würde es denjenigen nicht effizienter machen?
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#4
 
Das sind alles leider nur Vermutungen. Wäre der Mensch fähiger, Sprache wesentlich "effizienter" (was auch immer das konkret sein soll) zu verarbeiten, denkst Du nicht, Sprachgemeinschaften hätten ihre Sprache nicht schon längst dahingehend angepasst? Denn es ist doch vermutlich eher so, dass sich Sprache den Gegebenheiten des Gehirns anpasst, als das Gehirn den Erfordernissen von Sprache, zumal sich das Gehirn ja ohnehin nicht in einer Generation derart verändert, dass signifikante Unterschiede feststellbar wären.

Viele Grüße
PeterSilie
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#5
 
Zitat:aber angenommen ein Mensch würde von Geburt an primär Ithkuil lernen und verwenden, wäre dessen Verarbeitungsgeschwidigkeit dann nicht wesentlich höher? Alle natürlichen Sprachen sind nicht auf Effizienz ausgelegt, diese wäre es schon, und nachdem die jeweilige Sprache mit der man großgezogen wird einen nicht vernachlässigbaren Einfluss auf das jeweilige Individuum hat bzw wie das Gehirn wächst, würde es denjenigen nicht effizienter machen?
Wie PeterSilie schon schrieb: Die Sprache passt sich dem Denken an, und nicht das Denken der Sprache, denn Sprache entspringt ja dem Denken. Das heißt, auch wenn die jetzigen natürlichen Sprachen so unterschiedlich erscheinen, sie alle schöpfen mehr oder weniger die Grenzen der menschlichen Kognition aus, auf eine Art und Weise, die effizient genug ist. Das heißt nicht, dass man kurze Zeit auch mal stark effizienter kommunizieren sollte/könnte, aber das geht so sehr auf den Arbeitsspeicher, dass die Anstrenung nur kurze Zeit möglich ist. Die "Effizienz" von Sprache, auch im Anbetracht der Zeit, der Informationsdichte etc. ist daran bemessen, wie ein Mensch die Sprache über eine durchschnittlich lange und intensive und zweckbemessene Art und Weise anwenden kann. Fachwissenschaftliche Vorträge werden schneller ermüdend als das Gossipgespräch mit dem besten Freund über Stunden hinweg, obwohl letzteres vielleicht sogar schneller gesprochen ist. Beide Umstände haben aber unterschiedliche Anforderungen an den Arbeitsspeicher und die Effizienz wie Informationsdichte pro Zeit (was ja nur ein Faktor wirklich ist, die anderen lasse ich mal außen vor) und die sind immer von der rejell leistbaren Situation abhängig, die entweder einen Sprint oder einen Marathon benötigt.


Ein Kind, das mit Ithkuil erzogen wird, würde entweder die Sprache ad-hoc und on the fly verändern, wie eine Kreolsprache, weil sie vielleicht zu komplex ist mit ihrer Informationsdichte und das Kind passt es auf natürliche Weise sofort an seine Anforderungen an. Oder das Kind hätte andere Auffälligkeiten oder sogar Ausfälle. Zum Beispiel kann man immer wieder schnell den Faden verlieren, das Kind neigt dazu, nicht zu sprechen, weil jeder Sprechakt zu viel Leistung erfordern würde, die Sprechgeschwindigkeit wäre stark verlangsamt, oder die Sprache wird gar nicht erst angenommen, weil sie nicht kompatibel ist mit der menschlichen/kindlichen Kognition. (Hinzu kommt, dass Ithkuil als Zweitsprache mit dem Kind gesprochen werden müsste, die Frage ist dann, inwieweit das leistbar ist.)

Außerdem muss man im Kopf behalten, Sprache ist nicht plump ein System zum Informationsaustausch, das unbedingt profitieren würde, wenn es effizienter ist. Sprache ist in erster Linie ein soziales Werkzeug - Informationen auszutauschen, ist dabei oft nebenständig. Und eben diese soziale Komponente kann stark gefährdet sein bzw. ein Faktor zur Ablehnung sein, wenn eine Sprache wie Ithkuil oder eine extreme Form mit möglichst hoher Informationsdichte erlernt werden soll, weil es keinen Mehrwert bietet für den sozialen Akt der Kommunikation. 

Warum der Mensch mit seiner Form der Sprache angefangen hat, bietet immer noch viel Raum zur Fantasie, aber eine Theorie ist zum Beispiel, dass die Gruppengröße von frühen Menschen so stark anstieg, dass eine komplexere Kommunikation entstehen musste, um die Gruppendynamik zu koordinieren. Das ist ein rein sozialer Faktor und der ist bestens angepasst an die neurologische Kognition der frühen und dann auch den heutigen Menschen und vor allem die soziale Notwendigkeit. Deswegen haben wir den jetzigen Umfang an Effizienz, und er ist wahrscheinlich auch gut so.
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#6
 
Die ganze Diskussion ist müßig, solange keine Einigung darüber besteht, was es denn bitteschön bedeutet, "effizient" in Bezug auf sprachliche Kommunikation zu sein. Eine hohe Datenübertragungsrate? Eine niedrige Fehler- und Verlustrate? Eine "optimale" Ausgewogenheit zwischen diesen? Menschliche Sprache ist Teil eines komplexeren Verhaltensrepertoires. Wir übertragen auch mit Gestik, Mimik, Körperhaltung, u.a.m. Informationen, außerdem dient Sprache auch anderen Zwecken als der Puren Informationsübermittlung, man denke nur an akustische Tuchfühlung und generell alles, was wir Phatische Kommunikation nennen. Wo ist da die objektiv mess- und evaluierbare Effizienz?
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