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Erledigt: 28.12.2012, 23:40:16 Einbuchstabige Wörter
#1
Erledigt: 28.12.2012, 23:40:16
 
Hallo,
mal wieder eine Frage:
Gibt es irgendwelche strukturmäßigen oder phonologischen Regeln, weshalb manche Sprachen Wörter haben, die aus einem Graphem/Phonem bestehen und andere nicht? So gibt es im Englischen und Französischen z.B. einphonematische Wörter "un" und eingraphematische Wörter "a". Im Deutsch sind mindestens zwei Buchstaben nötig. Gibt es dort irgendwelche versteckten Mechanismen, die das bewirken?
LG
Kevin
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#2
 
Bevor Mechanismen abklären kann, müsste man erstmal schauen über was für Arten von Wörtern man redet.

Bei phonologischen Wörtern spielen auf jeden Fall Beschränkungen zur Silbenstruktur eine Rolle. Wenn wir mal davon ausgehen, dass ein Wort aus mindestens einer Silbe bestehen muss, dann kann es nur so klein sein wie die kleinste zulässige Silbe. D.h. es kann dann nur aus nur einem Phonem bestehen, wenn in der entsprechenden Sprache [V] als Silbe zulässig ist. Sobald die Silbenstruktur aber komplexer sein muss (z.B. [CV] oder [CVC(C)]), dann kann ein phonologisches Wort auch nicht mehr aus nur einem Phonem bestehen. Mal davon abgesehen – ich glaube nicht, dass es in vielen Sprachen einphonemische Phon-Wörter gibt, da ist ja sozusagen der Aufwand viel zu hoch und man könnte das locker zum vorangehenden oder folgenden Wort hinzufügen.

Womit wir bei morphosyntaktischen Wörtern wären. Da sehe ich nix, was die Kürze beschränken sollte. Den ein phonologisches Wort kann auch mehrere syntaktische Wörter umfassen (es geht aber auch umgekehrt), wie z.B. in "{[hast][e]} {[ma][ne]} {Mark}" (nur zur Illustration, {} = phon. Wort, [] = morphosyn. Wort). Das kleinste morphosyntaktische Wort ist dann potentiell so klein, wie das kleinste Morphem sein kann, also auch problemlos nur ein Phonem.

Bei orthographischen Wörtern verhält es sich ähnlich. Die sind prinzipiell auch unabhängig von phonologischen Wörtern.

Zu phonologischen und syntaktischen Wörtern ist Dixon, R. M. W. (2003). Word: A typological framework. In Dixon, R. M. W. und Aikhenvald, A. Y., Hrsg., Word: A Cross-Linguistic Typology, Kapitel 1, S. 1–41. Cambridge University Press, Cambridge. ganz gut.
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#3
 
In der Threadüberschrift schreibst Du Einbuchstabig, im Beitrag ist von Graphemen die Rede. das ist ein massiver Unterschied.
Wenn ich mich mal an die Grapheme halte, dann muss ich nur ein Wort sagen: Chinesisch. Da gibt's massenhaft Wörter mit einer Wort-Graphem-Ratio von 1:1.
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#4
 
Vielen Dank für deine Antwort. Heißt es dann, dass das Deutsche keine [V]-Silben zulässt?
Also, so subjektiv finde ich schon, dass es viele Sprachen mit einphonemischen Wörtern gibt. Gibt es dazu vielleicht eine WALS-Karte?
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#5
 
Stelbstversändlich erlaubt Dutsch auch ... ääää .... /V/-Silben. Die meisten monophonemischen Wörter sind allerdings Interjektionen, zumindest im Hochdeutschen. In den Dialekten findet man da mehr.

(08.06.2011, 20:45:54)Kevin schrieb: Gibt es dazu vielleicht eine WALS-Karte?
Das kannst Du selbst herausfinden. www.wals.info
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#6
 
Hmm, aber was soll ich denn da eingeben? Ich weiß ja nicht einmal, wie man so etwas nennen soll.
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#7
 
Ich glaube, dass Silben im Deutschen mindestens CV sein müssen. Das sieht man daran, dass Silben, die scheinbar mit einem Vokal beginnen, in Wirklichkeit mit /ʔ/ anfangen (ʔin, ʔum, ʔapfel, be.ʔar.bei.ten). Vielleicht müssen Partikeln sogar immer CVC oder CVV sein, zumindest fällt mir gerade kein Gegenbeispiel ein. Ergo: im Deutschen gibt es keine einphonemigen phonologischen Wörter aufgrund der Beschränkungen zur Silbenstruktur.

Beim WALS kannst du einfach mal "Features" und "Chapters" durchgehen und schauen, ob dort irgendwas steht, das nach phonologischen/morphosyntaktischen Wörtern aussieht.
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#8
 
Sebastian, da verwischen wir die Grenze von Phonetik und Phonologie. Phonetisch gesehen gibt es im dt. keine vokalisch anlautenden Wörter/Silben, das ist eigentlich unbestritten. Phonologisch ist der [ʔ] ist aber an diesen Stellen nicht relevant, da er nicht zeichenunterscheidend / bedeutungsunterscheidend wirksam wird. Und dieser phonologischen Irrelevanz verdankt er es auch, dass er in der dt. Rechtschreibung nicht vorkommt, im Gegensatz zu z.B. vielen ozeanischen Sprachen (ʻOkina) oder den semitischen Sprachen (Hamza).
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#9
 
Was ist denn dann mit /ʔaus/ vs. /haus/ und /ʔan/ vs. /ban/ (<Bann>)?
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#10
 
Diese Minimalpaare sind mit wie ohne Glottalplosiv unterschieden. Natürlich entspricht es eher der deskriptiven Eleganz, dem /h/ oder /b/ ein Segment /ʔ/ gegenüberzustellen als eine Null, aber das Endergebnis ist gleich, zumal es kein Minimalpaar gibt, in dem ∅ und /ʔ/ opponieren. Ausgenommen vielleicht besodere Fälle, in denen zugleich eine Kompositions- oder Derivationsfuge eine Rolle spielt: verreisen : vereisen, wobei das auch wieder keine "eleganten" Minimalpaare im Sinne Trubetzkoys sind (aus demselben Grund gilt ja auch Kuchen : Kuhchen nicht als Beweis des Phonemstatus von /x/ vs. /ç/).

Nimmt man die Intuition der Sprecher hinzu, wird's deutlicher. Für die fängt an mit /a/ an, und wenn sie ein Minimalpaar bilden sollen, dann würden sie an : in vorschlagen und für Bann eher kann oder dann.
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#11
 
Ich kann deine Argumentation schon nachvollziehen.

Aber einige Punkte sehe ich anders: der Unterschied zwischen /ver.rei.sen/ (ist das /r/ hier ambisillabisch?) und /ver.ʔei.sen/ ist ja gerade, dass /ʔeis/ (<Eis>) mit /ʔ/ beginnt, wenn es mit /V/ beginnen würde, wäre die Silbenstruktur nämlich so: /ve.rei.sen/.

Und die Einschätzung von "Laien" ist da wohl auch sehr stark von der Schriftlichkeit geprägt, denn <an> fängt ja auch wirklich mit <a> an, aber das ist ja kein Argument für eine phonologische Analyse. an:in ist natürlich auch ein Minimalpaar, das unterscheidet sich halt nur nicht im Onset.
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#12
 
Ambisyllabisch? Keine Ahnung. In meinem -im Auslaut arhotischen- Idiolekt ist verreisen eh [fɐˈʁ͡aɪzn], da stellt die Frage nicht.

Die Laieneinschätzung bekommste aber auch von kleinen Muttersprachlern ohne Orthographiekompetenz.

Wie dem auch sei: es ist eine kaum zu entscheidende Streitfrage. Deine Argumente sind ja auch nicht verkehrt.
Aber irgendwie verlassen wir gerade das Thema des Threads... Shy

Nehmen wir also den eigentlichen Faden (auch) wieder auf: Lassen die (umstritten) nurvokalischen monophonematischen Wörter mal beiseite, dann bleibt und nur noch der Blick in die Dialekte, weil das Hochdeutsche keine monophonematischen Wörter kennt / zulässt, die nur aus einem /C/ bestehen. In verschiedenen Dialekten findet man aber z.B. Varianten des bestimmten Artikels Neutrum Singular, die nur aus einem Konsonanten bestehen: /t/, /s/. Und um gleich das nächste phonologische Fass aufzumachen: Wenn man Affrikaten als ein Phonem wertet, könnte man auch noch die alemannische Präposition z dazu zählen.

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#13
 
Kevin, ist deine Frage denn hinreichend beantwortet? Dann koennten wir das Thema hier als erledigt markieren...
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#14
 
Hmm, was ich mitbekommen habe, ist, dass anscheinend kein konkreter Konsens darüber herrscht. Es hängt anscheinend mit der Silbenstruktur zusammen, die aber selbst innerhalb einer Sprache in ihren Variationen variieren kann. Dann gehört dazu sicher noch Zufall, die Motivation der Sprecher und Sprachhistorie. Wenn das die Antwort auf meine Frage war und ich es richtig verstanden habe, ist die Frage wohl beantwortet und kann so markiert werden. Danke ;)
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#15
 
Markieren kannst Du selbst als Threadautor (und Moderator)

Wir haben ja bisher fast nur über das Deutsche und seine Dialekte geredet. In anderen Sprachen gelten in der Tat wieder ganz andere Regeln der Phonotaktik und der Orthographie. (Siehe meine Anm. oben auch zum Chinesischen). Der vermutlich bekannteste Fall eines einbuchstabig-einphonemischen Wortes (ja, zugleich sogar Satzes!) dürfte der lateinische Imperativ Singular von ire 'gehen' sein: I!. Zwei der drei Artikel (Nom.Sg.) des Neugriechischen sind es ebenfalls: o (mask.) und i (fem.).

Warum's davon im Deutschen so wenige (wenn überhaupt) gibt, kann man wohl nicht mit letzter Sicherheit begründen, zumindest nicht zufriedenstellender als mit "Zufall". Nixweiss

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