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Pronomen/Geschlecht: Männlich
Affiliation: Ein Gymnasium
12.01.2019, 20:27:43
Hallo allerseits.
Ich habe vor Jahren angefangen, Japanisch zu lernen. Es wurde aber wieder abgebrochen und bei mir ist so gut wie nichts hängengeblieben.
Aber darauf wollte ich nicht hinaus. Ich wollte es nur kurz erwähnen, da es zum Thema passt. Meine eigentliche Frage, die ich mir schon seit längerem stelle, lautet:
Wie viele und welche Kasus kennt das Japanische?
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Pronomen/Geschlecht: nichtbinär (en oder sie)
Hallo, Benefaktiv!
Im Japanischen von Kasus zu sprechen, kann irreführend sein, denn (wie Du sicher weißt) werden die (Satzglied)funktionen der Substantive nicht durch Deklination, sondern durch Partikeln ausgedrückt:
wa (ha): Nominativ
ga: Nominativ (Unterschied zw. wa und ga ist mir noch etwas schleierhaft, es geht wohl um "bereits erwähnt" und "neues Thema")
no: Genitiv
o (wo): Akkusativ
ni: Lokativ, Allativ, Dativ
de: Instrumental, Lokativ (wird im Gegensatz zu ni für einen Ort benutzt, wo eine bestimmte Handlung stattfindet)
e (he): Allativ/Direktiv
to: Komitativ
kara: Ablativ
made: Termitativ
yori: Essiv (für Vergleiche: yama wa ki yori oukii desu: ein Berg ist größer als ein Baum)
Du siehst: Es gibt zwar so etwas wie Kasus, aber die Partikeln funktionieren nicht genau so wie die Kasus in indogermanischen Sprachen.
Zusammengefasst: Im Japanischen gibt es Entsprechungen zu Nominativ, Genitiv Dativ, Akkusativ, Lokativ (Allativ, Direktiv, Ablativ, Terminativ), Instrumental, Komitativ und Essiv (als Vergleichskasus).
Es gibt noch weitere Substantivpartikeln (demo, yo, toka etc.), diese entsprechen aber keinen Kasus.
Hilft das weiter?
Yaouoay
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Pronomen/Geschlecht: Männlich
Affiliation: Ein Gymnasium
Aber sowas von!
Quasi von 8 bis 11/12 Fälle!!!
Hätte ich das gewusst, hätte ich wahrscheinlich nicht angefangen, die Sprache zu lernen.
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Pronomen/Geschlecht: nichtbinär (en oder sie)
Schön, dass ich helfen konnte. ^^
PS:
Wenn Du ein Thema als erledigt markieren möchtest und oben auf den grünen Button klickst, markierst Du es (wahrscheinlich wegen eines Fehlers) als "kein Anfragethema".
Um es als "erledigt" zu markieren, klickst Du auf "mehr …" und stellst oben "erledigt" ein, danach klickst Du auf "aktualisieren".
Das habe ich nun für Dich gemacht. Ich sprech diesen Fehler mal an.
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Pronomen/Geschlecht: männlich
13.01.2019, 19:47:33
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 13.01.2019, 20:54:24 von thf.)
Bei Fragen des Musters "Ist Phänomen X in Sprache Y von der Kategorie Z" kommt es finde ich ja immer darauf an, welche Definitionen man zugrunde legt. Ich kenne mich mit Japanisch nicht aus, aber dass die Kasus des Japanischen nicht der Definition, die auf indoeuropäischen (Schul)sprachen beruht, entsprechen, ist wohl zutreffend. Allerdings gibt es zu Kasus sehr viel Literatur und diverse Definitionen. Und bei einer übereinzelsprachlichen Betrachtung von Kasusphänomenen im Allgemeinen sieht es meiner Meinung nach dann schon anders aus.
Übliche Merkmale von Kasus sind zum Beispiel, dass sie der Versprachlichung von semantischen Rollen/grammatischen Relationen dienen, dass ihre Elemente untereinander in paradigmatischer Beziehung stehen und dass sie eine Form von Dependent-Marking darstellen, bei der die Argumente innerhalb einer Konstruktion in eine Beziehung zum Prädikat gesetzt werden. Wenn diese Kriterien erfüllt sind, würde ich persönlich funktional schon von Kasus sprechen. Ob die Markierung semasiologisch gesehen jetzt mit Affixen, Klitika, Partikeln, etc. geschieht, ist m.M.n. eher sekundär. Gerade auch bei Partikeln, da das aus meiner Sicht oft eher eine Art Verlegenheitsbezeichnung ist, wenn sonst nichts anderes besser passt. Um den morphologischen Status der Kasusmarker im Japanischen besser einschätzen zu können, müsste man sich die betroffenen Partikeln mal genauer ansehen, um zum Beispiel für jedes einzeln zu schauen, wie es sich prosodisch verhält, wie sehr es gebunden ist usw.
Einige Linguisten, z.B. Haspelmath verwenden "Flagging" als Überbegriff für Kasus und Adpositional Marking, also für Markierungen auf "NP-Ebene". Das kann man für einige der Partikeln im Japanischen denke ich so oder so auch machen. Was es sicher etwas erschwert, ist, dass unter den Partikeln auch solche sind, die zum Beispiel zur Markierung der Informationsstruktur und anderen Dingen dienen können. Dass Japanisch 8 Kasus hat, scheint zumindest bei einigen Typologen aber eine gängige Analyse zu sein (s. z.B.: https://wals.info/valuesets/49A-jpn)
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Pronomen/Geschlecht: nichtbinär (en oder sie)
janwo schrieb:Die Zahl der Kasus sollte kein Hinderungsgrund oder eine Abschreckung sein. Zumal im Japanischen ja nur diese Partikeln verwendet werden. Da muss man ja nicht Deklinationstabellen auswendig lernen wie im Lateinischen oder so.
Für mich und die meisten anderen Japanischlerner ist die größte Hürde die Schrift.
Das Partikelsystem finde ich sogar sehr dankbar.
thf schrieb:Allerdings gibt es zu Kasus sehr viel Literatur und diverse Definitionen. Und bei einer übereinzelsprachlichen Betrachtung von Kasusphänomenen im Allgemeinen sieht es meiner Meinung nach dann schon anders aus.
Jo, Du hast Recht; ich hätte noch differenzieren sollen:
Aus einer semantischen Perspektive kann man von Kasus sprechen (ähnlich dem "de"-Genitiv im Französischen; kenn ich auch als "abstrakte Kasus").
Nach meiner Kenntnis werden Kasus in einer morphologischen Nomenklatur aber nur durch Flexions-Morpheme ausgedrückt, nicht durch Partikeln.
Und auch syntaktisch weisen die japanischen Partikeln Merkmale der indoeuropäischen auf: Jedem Substantiv im Satz folgt eine Partikel, sowie jede Nominalphrase in Kasussprachen einem Kasus zuzuordnen ist. Nur dass manche dieser Partikeln (wie das erwähnte demo, yo oder toka) keine Kasusfunktion erfüllen.
LG~Y
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Pronomen/Geschlecht: weiblich
Affiliation: Leibniz Universität Hannover
(13.01.2019, 15:04:05)Yaouoay schrieb: wa (ha): Nominativ
ga: Nominativ (Unterschied zw. wa und ga ist mir noch etwas schleierhaft, es geht wohl um "bereits erwähnt" und "neues Thema")
Als ich dieselbe Verwirrung hatte, fand ich besonders das hier und das hier hilfreich. Es ist im Endeffekt so, wie du vermutet hast. "Wa" steht für Dinge, die bereits erwähnt wurden (Thema), "ga" für neue Informationen (Rhema).
Aus dem letzten Link stammt dieses Beispiel, in dem beides vorkommt, das es m.E. gut verdeutlicht:
Zitat:わたしのねこは目が青いです。
Watashi no neko wa me ga aoi desu
Die Augen meiner Katze sind blau, oder eher: Was meine Katze angeht, ihre Augen sind blau.
Vielleicht für LinguistInnen mit Thema/Rhema etwas einfacher zu verstehen, häufig findet man nur die Unterscheidung zwischen Thema/Subjekt, was ich etwas verwirrend finde. Ein paar andere Regeln gibt es noch, z.B. steht in Fragen mit "Wer" immer "ga" usw. Ich glaube, eine 100%-ige Faustregel für das eine vs. das andere gibt es nicht.
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