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Erledigt: 03.10.2017, 18:53:44 Sprachpflege nutzlos?
#1
Erledigt: 03.10.2017, 18:53:44
 
Hallo,
in einem anderen Thread habe ich gerade gelesen, wie janwo anmerkte, dass die Arbeits des Herrn Bastian Sicks quasi unnütz sei, da sich Sprache eh von alleine ändere und man daran nichts ändern könne.
Da frage ich mich gerade, ist das wirklich so und ist der Herr Sick ein Sprachpurist?
Sicher, eine Sprache wird maßgeblich durch die Sprecher definiert und diese sollten auch die Sprache beeinflussen (-> deskribtive Grammatik).
Aber ich finde, dass das nicht das Einzige sein sollte, das Geltung hat. Zu einer Sprache gehören auch Werte und Kultur. Durch Sprachpflege werden diese ja auch gepflegt und somit erhalten.
Es gibt natürlich auch schwarze Schafe, die sich als totale Sprachpuristen zeigen. Grimm, der das Mittelhochdeutsche in Orthographie und Gebrauch wiedererwecken wollte, Ministerien, die Anglizismen wie Laptop verbannen etc.
Meiner Meinung nach sind viele sprachlichen Phänomene aber das Resultat von zu geringerer Bildung und nicht unbedingt das Resultut von Sprachwandel. Ebenso spielt oft die Vermischung von Mundart mit Standardsprache eine tragende Rolle.
Die Arbeit des Herrn Sicks sollte freilich nicht zur Stigmatisierung von solchen Sprechern führen, viel eher sollte diese Art der Sprache ebenso gepflegt werden, aber nicht auf Kosten der Hochsprache, die nun so lange gebraucht hat, sich überhaupt von solchen Mundarten abzusetzen. Natürlich hat sich auch diese Hochsprache reichlich verändert. (buk->backte, gesotten->gesiedet) Aber es entspricht ja jedermanns Wahrnehmung, dass es zwei Arten der Sprache gibt, die Umgangssprache und die Standardsprache.
Die Sachen wie Possessivkonstruktionen anstatt Genitiv, doppeltes Partizip, etc. sind ja nun kein wirklich modernes Phänomen, die gibt es ja auch schon seit einigen hundert Jahren und haben selbst Goethe aufgerregt
Es drängt sich mir daher der Gedanke auf, dass solche Formen viel eher aus mundartlichen und nicht aus sprachwandlerischen Gründen entstehen.

Ich bin nicht so gut im Formulieren meiner Gedanken, daher mag dies nicht so vielaussagend oder präzise sein.
Mich würde aber trotzdem interessieren, was ihr dazu meint.

LG
Kevin
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#2
 
Nur so nebenbei eine freche Frage: Wie viele Verstöße gegen die dudennormierte Standardsprache finden sich in deinem obigen Beitrag? Aetsch_teufel

Ich möchte nicht sagen, dass Sprachpflege als solche nutzlos ist. diese Pflege sollte aber nicht diskriminierend sein. Alle Varietäten einer Sprache haben ihre Daseinsberechtigung und keine ist inhärent "besser" oder "schlechter", allenfalls in manchen Situationen ungeeignet oder unangemessen.

Wer (s)eine Varietät pflegen will, mag dies doch gerne tun. Ich habe halt nur etwas dagegen, wenn diese Sprachpflege in ein Verhalten ausartet, das diskriminiert oder Zwänge ausübt. In den meisten Fällen führt so etwas nämlich nur zu Frust und Verweigerungshaltung, also nicht zum erwünschten Erfolg sondern eher seinem Gegenteil.
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#3
 
zum Thema "Sprachpflege nutzlos?"
fällt mir das Werk unseres bekannten Linguisten Harald Weinrich ein: "Wege der Sprachkultur"
Dort heißt es (Zitat):

"... wenn je eine Akademie (*) oder eine andere vergleichbare Institution heute noch ihre Aufgabe in diesem normativen Sinne verstehen sollte, müßte sie sich mit Recht Autoritätsanmaßung und mangelndes historisches Bewußtsein vorwerfen lassen....."

Weiter schreibt er, dass z. B. zur Frage von "brauchen mit oder ohne zu" eine Normentscheidung auf Grund der vorhandenen Bibliographien und Forschungen kaum möglich ist.

* gemeint ist z. B. die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung, gegründet 1949
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#4
 
Die Frage ist ja auch, mit welchen Mitteln man bei der Sprachpflege welchen Nutzen erreichen will.

Wer seinen eigenen Sprachgebrauch veredeln und pflegen möchte, kann dies ja tun. Aber suspekt wird das Ganze immer dann, wenn jemand da eine "Mission" zu haben scheint, und quasi meint, "das Deutsche vor dem Untergang bewahren" zu müssen, indem er dem Sprachverfall durch Vorschriften und Sprachnörgelei Einhalt gebieten möchte.
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#5
 
Zu jeder Zeit des Deutschen gab es halt Sprachpuristen und -schützer. Ihre Unwichtigkeit sollten sie spätestens darin sehen, dass das "Deutsch", was die Sprachpuristen vor 300 Jahren wollten, für heutige Puristen mit ihrem "Idealdeutsch" kaum zu verstehen war, weil sich Sprache eben mit oder ohne sie entwickelt.
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#6
 
Bei aller begründeten Kritik an Sprachpurismus und dergleichen finde ich, dass es auf rein deskriptiver Ebene einfach ein weiteres Phänomen ist, das mit Sprache in Verbindung steht, und daher ein interessanter Untersuchungsgegenstand ist - auch wenn er der eigenen Meinung widerspricht.
Ich kann mir gut vorstellen, dass letztendlich dieselben Prozesse und Mechanismen dafür verantwortlich sind, dass die einen ihre Sprache mit flammendem Schwert verteidigen, während andere ihre zugunsten einer anderen aufgeben.
Leute wollen ja nicht einfach so ihre Sprache beschützen, sondern das wird vermutlich durch bestimmte Diskurse und durch Alter, Bildungsstand etc. ausgelöst. Es ist gut und wichtig, dass man versucht zu erklären, dass diese aus linguistischer Sicht wenig Sinn macht, aber zugleich finde ich es auch spannend zu wissen, warum es überhaupt dazu kommt.

Dazu hat doch bestimmt auch schon Forschung statt gefunden, oder? (Mir schwirrt da so das Wort "Spracheinstellung" im Hinterkopf rum...)
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#7
 
Na ja, es gibt ja noch mehr zwischen Sprachschützern und Sprachwechslern als nur diese zwei Extrempunkte. Der Großteil der Sprechergemeinschaft des Deutschen dürfte die Sprache weder als "korrumpiert" noch als "bedroht" betrachten.

Du hast insofern recht, als dass oftmals starker Assimilationsdruck (i.d.R. von außerhalb der Sprechergemeinschaft) dazu führt, dass eine Sprache von ihren Sprechern aufgegeben wird und dadurch in Bedrängnis gerät. Dem durch sprachrettende Maßnahmen entgegenzuwirken ist ein hehres Ziel, das ich gar nicht kritisieren will.
Das Problem mit denjenigen, die das Deutsche schützen oder retten wollen ist, dass sie glauben, das Deutsche sei eine bedrohte Sprache, die vehement überfremdet wird und daher droht, unterzugehen. Das ist unsachliche, kulturpessimistische Panikmache, die (vermutlich) in einem subjektiven Gefühl des Assimilationsdrucks begründet liegt.

Ich habe das ja oben versucht, anzudeuten: Es kommt darauf an, was man wie bezwecken will mit der Sprachpflege. Und das, was derzeit "mainstream" der Deutschretter ist, versucht vor allem, solchen Sprachwandel aufzuhalten, der ihren Wertevorstellungen nicht entspricht. Dies betrifft vor allem Lexik und Idiomatik — Bereiche, die sich geradezu wandeln müssen, um eine Sprache lebendig und zeitgemäß zu halten. Ich begreife beispielsweise nicht, wieso Gräzismen, Latinismen und Gallizismen (heutzutage) nicht (mehr) bekämpft werden, Anglizismen aber als Wurzel allen Übels angesehen werden. Der Unterschied ist doch bloß, dass man sich an die vor Jahrhunterten entlehnten Wörter bereits gewöhnt hat, während die "Neuzugänge" auf etwas stoßen, was man kurzweg Xenophobie nennen kann.
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#8
 
Ich glaube, dass die Generationskluft auch eine Rolle spielt. Was die Sprache angeht, haben Menschen der älteren Generationen einen älteren Sprachzustand inne als die Jugendlichen, die die Sprache bereits weiterentwickelt haben. Aus dem sowieso allgemein geltenden Misstrauen der Älteren in die Jüngeren und die Ablehnung ihrer jungen Kultur kommt wahrscheinlich auch eine große Motivation, sich durch ältere Sprache von ihnen abzugrenzen.
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#9
 
Sich sprachlich voneinander abzugrenzen ist ja völlig legitim und natürlich. Ich glaube, dass es das in beinahe jeder Sprachgemeinschaft geben dürfte.
Krank ist es m.M.n. nur, wenn es Auswüchse treibt, wie diese hier: http://www.wzw.tum.de/loek/lehre/downloa...ettel8.pdf (Vorsicht, böser Stoff! Kann nachhaltiges Kopfschütteln verursachen!)
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#10
 
Aber zurück zu meiner Gegenfrage: Wie sollte denn Deiner Meinung nach (sinnvolle / nützliche) Sprachpflege aussehen?
(02.06.2011, 17:58:11)janwo schrieb: Die Frage ist ja auch, mit welchen Mitteln man bei der Sprachpflege welchen Nutzen erreichen will.
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#11
 
Zitat:Ich begreife beispielsweise nicht, wieso Gräzismen, Latinismen und Gallizismen (heutzutage) nicht (mehr) bekämpft werden, Anglizismen aber als Wurzel allen Übels angesehen werden. Der Unterschied ist doch bloß, dass man sich an die vor Jahrhunterten entlehnten Wörter bereits gewöhnt hat, während die "Neuzugänge" auf etwas stoßen, was man kurzweg Xenophobie nennen kann.

Ich finde den Begriff "Xenophobie" in diesem Zusammenhang etwas extrem. Für mich war die englische Sprache immer etwas Besonderes, fast eine Faszination, weshalb ich mich auch entschlossen habe Anglistik zu studieren (und mehrere Semester im englischsprachigen Ausland verbracht habe) - vermutlich möchte ich nach meinem Studium sogar in einem anglophonen Land leben und arbeite. Trotzdem vertrete ich die Meinung, dass man was Anglizismen im Deutschen Sprachgebrauch angeht vorsichtig sein sollte. Ich selbst verwende manchmal englische Begriffe, vor allem im wissenschaftlichen Diskurs. Aber ich finde manche Angliszismen in der Alltagssprache könnten durchaus vermieden werden.

Wenn man z.B. die Äquivalente der englischen Begriffe computer und online/offline im Deutschen und Französischen betrachetet, bemerkt man, dass sie im Deutschen eins zu eins übernommen wurden (das Wort Rechner wird im alltäglichen Sprachgebrauch äußerst selten verwendet), während im Französischen eigene Worte gefunden wurden: ordinateur und en ligne/ hors ligne (auch wenn letzteres ein Calque ist). Das Wort chat wird im französischen oft mit discussion übersetzt (z.B. auf Facebook), im Deutschen wiederum vom Englischen übernommen etc. etc. Selbst E-Mail Verkehr, obwohl das Wort e-Mail im Französischen existiert, wird oft als courrier électronique bezeichnet. Ein bewusster Versuch Anglizismen zu reduzieren kann also auch funktionieren.

Natürlich stellt sich die Frage ob und warum eine Vermeidung englischer Begriffe im Deutschen notwendig ist. Ich persönlich sehe Sprache als sehr stark mit Kultur (im weiteren Sinne) verknüpft. Und ich denke schon, dass die momentane Ausbreitung der englischen Sprache, verknüpft mit englischer (bzw. hauptsächlich amerikanischer Kultur) eine "Bedrohung" für andere Kulturen darstellen kann - vor allem da es nicht zwei benachbarte Länder sind, die sich gegenseitig beeinflussen, was normal und unvermeidbar ist, sondern ein Land, das weite Gebiete auf der ganzen Welt sehr stark beinflusst - und ich halte es durchaus für möglich, dass die Vermeidung von Elementen englischer/amerikanischer Sprache und Kultur dazu beitragen kann die eigene Kultur zu bewahren . Als ich z.B. 2009 Auslandssemester in der französischsprachigen Schweiz verbracht habe, habe ich einen größeren Widerstand gegenüber der englischen Sprache und amerikanischen Kultur erlebt als bei uns, den ich nicht als negativ einstufen würde. Ein größerer Stellenwert wurde auf französische Filme und Musik gelegt; die Kommunikation spielte sich fast ausschließlich auf französisch ab, was anfangs eine Herausforderung war (mit meinem Schulfranzösisch), mir aber half die Kultur vor Ort besser kennen zu lernen und zu verstehen.

Man kann es natürlich auch übertreiben mit der Panikmache vor dem englischen bzw. amerikanischen Einfluss, aber ich hätte schon gerne, dass das Christkind Christkind bleibt und nicht irgendwann Weihnachtsmann wird, und der zu Santa Klaus (ein Wort, dass es ja tatsächlich schon gibt im Deutschen) - um am Ende ein humorvolles Bsp zu nennen Zunge


Zitat:Krank ist es m.M.n. nur, wenn es Auswüchse treibt, wie diese hier: http://www.wzw.tum.de/loek/lehre/downloa...ettel8.pdf (Vorsicht, böser Stoff! Kann nachhaltiges Kopfschütteln verursachen!)

Ja, diese Vorschriften, halte ich auch für reichlich übertrieben!



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#12
 
(27.06.2011, 17:45:50)alexa_x schrieb: Ich finde den Begriff "Xenophobie" in diesem Zusammenhang etwas extrem. Für mich war die englische Sprache immer etwas Besonderes, fast eine Faszination, weshalb ich mich auch entschlossen habe Anglistik zu studieren (und mehrere Semester im englischsprachigen Ausland verbracht habe) - vermutlich möchte ich nach meinem Studium sogar in einem anglophonen Land leben und arbeite. Trotzdem vertrete ich die Meinung, dass man was Anglizismen im Deutschen Sprachgebrauch angeht vorsichtig sein sollte. Ich selbst verwende manchmal englische Begriffe, vor allem im wissenschaftlichen Diskurs. Aber ich finde manche Angliszismen in der Alltagssprache könnten durchaus vermieden werden.

Wenn man z.B. die Äquivalente der englischen Begriffe computer und online/offline im Deutschen und Französischen betrachetet, bemerkt man, dass sie im Deutschen eins zu eins übernommen wurden (das Wort Rechner wird im alltäglichen Sprachgebrauch äußerst selten verwendet), während im Französischen eigene Worte gefunden wurden: ordinateur und en ligne/ hors ligne (auch wenn letzteres ein Calque ist). Das Wort chat wird im französischen oft mit discussion übersetzt (z.B. auf Facebook), im Deutschen wiederum vom Englischen übernommen etc. etc. Selbst E-Mail Verkehr, obwohl das Wort e-Mail im Französischen existiert, wird oft als courrier électronique bezeichnet. Ein bewusster Versuch Anglizismen zu reduzieren kann also auch funktionieren.

Natürlich stellt sich die Frage ob und warum eine Vermeidung englischer Begriffe im Deutschen notwendig ist. Ich persönlich sehe Sprache als sehr stark mit Kultur (im weiteren Sinne) verknüpft. Und ich denke schon, dass die momentane Ausbreitung der englischen Sprache, verknüpft mit englischer (bzw. hauptsächlich amerikanischer Kultur) eine "Bedrohung" für andere Kulturen darstellen kann - vor allem da es nicht zwei benachbarte Länder sind, die sich gegenseitig beeinflussen, was normal und unvermeidbar ist, sondern ein Land, das weite Gebiete auf der ganzen Welt sehr stark beinflusst - und ich halte es durchaus für möglich, dass die Vermeidung von Elementen englischer/amerikanischer Sprache und Kultur dazu beitragen kann die eigene Kultur zu bewahren . Als ich z.B. 2009 Auslandssemester in der französischsprachigen Schweiz verbracht habe, habe ich einen größeren Widerstand gegenüber der englischen Sprache und amerikanischen Kultur erlebt als bei uns, den ich nicht als negativ einstufen würde. Ein größerer Stellenwert wurde auf französische Filme und Musik gelegt; die Kommunikation spielte sich fast ausschließlich auf französisch ab, was anfangs eine Herausforderung war (mit meinem Schulfranzösisch), mir aber half die Kultur vor Ort besser kennen zu lernen und zu verstehen.

Man kann es natürlich auch übertreiben mit der Panikmache vor dem englischen bzw. amerikanischen Einfluss, aber ich hätte schon gerne, dass das Christkind Christkind bleibt und nicht irgendwann Weihnachtsmann wird, und der zu Santa Klaus (ein Wort, dass es ja tatsächlich schon gibt im Deutschen) - um am Ende ein humorvolles Bsp zu nennen Zunge

Alle gelb vervorgehobenen Wörter sind Lehnwörter (Calques wie Einfluss habe ich nicht markiert). Aus dem Französischen (n.b. ist auch ordinateur ein Calque), aus dem Griechischen, aus dem Latein. Ich verstehe nicht, was sie qualitativ von ihren englischen Gegenstücken unterscheidet, so dass die ersteren toleriert werden, die zweiteren nicht.

Ich glaube nach wie vor, dass es wine Art "Fremdeln" (wenn Dir diese Metapher besser gefällt) ist, dass relativ neue, phonologisch/phonetisch noch besser als Lehngut zu erkennende Wörter von vielen abgelehnt* werden. Warum mokiert sich heutzutage niemand über Fenster (< lat.), wo wir doch zuvor bereits mit windouge ein eigenes Wort hatten?

OK, ich habe über Lehnwörter promoviert und bin ihnen deswegen vielleicht besonders zugetan, aber ich finde, Lehnwörter bereichern den Wortschatz und die Ausdrucksmöglichkeiten der aufnehmenden Sprache. (Ich glaube, es wäre schon ziemlich schwer, hier eine lehnwortfreie Antwort zu verfassen.)

*) unbeabsichtigtes Wortspiel
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#13
 
Die Gewalt einer Sprache ist nicht, daß sie sie das Fremde abweist, sondern daß sie es verschlingt.
Johann Wolfgang von Goethe, »Maximen und Reflexionen«, 1907
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#14
 
Es mag schon "fremdeln" sein, das ausschlaggebend ist für die Ablehnung gegenüber Anglizismen, ich glaube es ist generell eine Angst vor dem Neuen bzw. vor Veränderung, die aber aus dem Wunsch resultiert Kultur und Traditionen zu bewahren.

Aber abgesehen davon haben Calques, meiner Meinung nach, den Vorteil gegenüber Lehnwörtern, dass sie fremde Begriffe zwar aufnehmen, aber in die eigene Sprache integrieren. Deswegen finde ich es z.B: eine gute Idee Wörter wie ordinateur und en ligne einzuführen, anstatt computer und online eins zu eins zu übernehmen.

Was die "Bedrohung"/Gefährdung der deutschen und österreichischen Kultur betrifft, glaube ich, dass der große Einfluss der amerikanischen Film- und Musikindustrie hierulande zweifellos Auswirkungen haben. Ich merke selbst, dass 90% der Musik die ich höre und Filme die ich sehe aus Amerika oder (zu einem kleineren Teil) aus Großbrittanien stammen. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich den letzten österreichischen Film gesehen habe, oder auch das letzte österreichische (oder deutsche) Buch gelesen habe. Und ich merke wie ich amerikanische Bräuche und Traditionen unbewusst aufnehme und als international gültig aufnehme. z.B. war meine Mutter kürzlich Trauzeugin, und ich habe sie gefragt aber wer denn Brautjungfer ("bridesmaid") ist, bis sie gesagt hat, dass das bei uns nicht üblich ist. Meine kleinen Brüder haben schon gefragt ob denn jetzt das Christkind oder Santa Klaus zu Weihnachten kommt etc. etc.

Aber das ist dann keine sprachliche Gefährdung mehr sondern kulturelle und passt nicht mehr ganz hier her, entschuldigung. Es stimmt vermutlich, dass Anglizismen an sich keine wirkliche Bedrohung darstellen (wobei ich wie gesagt Calques gegenüber Lehnwörtern bevorzuge).
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#15
 
Zitat: Es drängt sich mir daher der Gedanke auf, dass solche Formen viel eher aus mundartlichen und nicht aus sprachwandlerischen Gründen entstehen.

Wenn ich die Diskussion noch einmal aufwärmen darf Shy
Was verstehst du denn unter sprachwandlerischen im Gegensatz zu mundartlichen Gründen? Denn wenn sich Mundart/Sprache verändert, dann geschieht dies ja aus sprachwandlerischen Gründen, i.e. Sprachökonomie und Vereinfachung (I'ma statt I am going to), Prestige, Angst vor der Lücke*...

*Was war nochmal der Fachbegriff dafür? Ich meine die Theorie dass z.B. der englische Great Vowel Shift dadurch voran getrieben wurde dass die Sprecher keine Lücke in ihrem phonologischen System haben "wollten", weshalb die Laute "nachgerückt" sind.
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